Schwule Senioren in England Die Angst vor Homophobie im Alter ist groß – ein neuer Maßnahmenkatalog soll Abhilfe schaffen
Das Problem ist auch in Deutschland bekannt: Ein Leben lang haben schwule Männer und lesbische Frauen für Gleichberechtigung um Akzeptanz gekämpft, um als Senioren in Pflegeheimen erneut mit Homophobie konfrontiert zu werden. Die britische Regierung will dagegen nun aktiv angehen und hat einen neuen Leitfaden für eine bessere Integration von älteren Homosexuellen in Senioreneinrichtungen herausgegeben.
Dringender Bedarf an Verbesserungen
Entwickelt wurden die neuen Richtlinien von der Universität Kent in Zusammenarbeit mit den Universitäten von Surrey und Hertfordshire; zudem arbeitete eine Gruppe homosexueller Senioren und darüber hinaus auch Pflegeheimleiter an den neuen Maßnahmen mit, die „leicht umzusetzen sind und dazu beitragen werden, das Umfeld von Pflegeheimen LGB-freundlicher zu gestalten.“ Projektleiterin Dr. Jolie Keemink betont: „Es besteht ein dringender Bedarf an Verbesserungen in Bezug auf die Integration von Homosexuellen in Pflegeheimen.“
Angst vor Homophobie im Alter
Eine britische Studie von Stonewall belegte zuvor bereits, dass fast die Hälfte der homo- und bisexuellen Menschen (47%) sich unwohl dabei fühlen, wenn sie gegenüber von Pflegepersonal offen über ihre Sexualität sprechen würden. Rund 61 Prozent der Senioren sind davon überzeugt, dass die Sozialfürsorge- und Unterstützungsdienste nicht in der Lage sind, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.
Die Angst unter Homo- und Bisexuellen sei sehr groß, dass sie sich im Alter erneut verstecken müssten. Ganz unberechtigt scheinen die Befürchtungen auch nicht zu sein, allein die Beratungsstelle der Wohltätigkeitsorganisation Compassion in Care verzeichnete zuletzt binnen eines Jahres mehr als 400 Fälle von homophobem Missbrauch in Pflegeheimen.
Intensiv-Betreuung bei Homosexuellen
„Die Forschung zeigt, dass die ältere LGB-Bevölkerung voraussichtlich stärker auf soziale Betreuung angewiesen sein wird als ihre gleichgeschlechtlichen, heterosexuellen Altersgenossen, weil sie seltener Kinder haben und eher unter einem Mangel an sozialer Unterstützung leiden. Ältere LGB-Personen haben möglicherweise auch besondere Gesundheitsrisiken, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie pflegebedürftig werden“, betont Keemink weiter.
Keemink betont so weiter: „Es gibt mindestens eine Million Menschen über 50 Jahren, die sich als LGB identifizieren. Diese Generationen haben jahrzehntelang diskriminierende Politik und Gesetze erlebt, die ihr Vertrauen in öffentliche Dienstleistungen stark beeinträchtigt haben. Diese Politik und Gesetze haben bei der LGB-Community zu Traumata, Stress und verinnerlichter Stigmatisierung geführt, was erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben kann. Darüber hinaus besteht aufgrund dieser Erfahrungen ein erhöhter Bedarf an expliziten, LGB-einbeziehenden Diensten, um den Menschen zu signalisieren, dass sie sicher sind und sie selbst sein können.“