Schwule Senioren Rund 935.000 LGB-Senioren gibt es derzeit in Deutschland!
Am ersten Oktober wird der Welttag der älteren Menschen zelebriert – Grund genug, auf die Lebenssituation von älteren Homosexuellen zu blicken. Die neusten Daten des Bundesamtes für Statistik von dieser Woche zeigen dabei auf, dass 96 Prozent der Senioren in ihrem eigenen Zuhause leben, in jedem dritten Haushalt (32%) in Deutschland gibt es Menschen über 65 Jahre. Für homosexuelle Senioren bedeutet dies, dass sie immer öfter auch Anbindung an andere Menschen oder Familienmitglieder haben – die Fallzahlen sind in den letzten knapp zwanzig Jahren um drei Prozent gestiegen.
Rund 935.000 LGB-Senioren
In jedem vierten Haushalt (26%) leben dabei im Gegensatz ausschließlich Menschen der Altersgruppe 65plus zusammen. Aktuell geht man in Deutschland von mindestens rund 935.000 homo- sowie bisexuellen Senioren aus. Fünf Prozent der sogenannten Generation Baby Boomers definiert sich als lesbisch, schwul oder bisexuell. Deutschland hat dabei um 20 Prozent mehr homosexuelle Senioren als im weltweiten Durchschnitt. Zum Vergleich: In der jüngsten Generation Z sind es in der Bundesrepublik inzwischen allerdings 22 Prozent (Ipsos Studie 2023), die sich als LGBTI* definieren.
Altersarmut und ein Leben als Single
So gut die grundsätzliche Entwicklung hin zu mehr Gemeinschaft im Alter klingen mag, bedeutet das im Kern aber trotzdem nach wie vor auch: Rund 300.000 homosexuelle Menschen ab 65 Jahren wohnten im Jahr 2022 allein, also etwa jeder Dritte (34 %). Zudem: Fast 260.000 LGB-Senioren leben aktuell in Altersarmut und haben statistisch gesehen ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.000 Euro.
Die Zahl der älteren Menschen in Altersarmut in Deutschland ist dabei binnen der letzten zehn Jahre um fast 40 Prozent angestiegen. Politisch wird von den Linken daher gerade für homo- und bisexuelle Menschen über 65 Jahre seit geraumer Zeit eine „bedarfsdeckende sanktionsfreie Mindestsicherung“ gefordert. LGBTI*-Menschen seien in besonderer Weise von Altersarmut betroffen; die queer-politische Sprecherin Kathrin Vogler sprach daher von einer „humanistischen Notwendigkeit“ mit Blick auf eine finanzielle Grundsicherung.
Zeitzeugen des Paragrafen 175
Die Generation der heutigen schwulen Senioren ist auch die letzte, die die Gräueltaten im Namen des berüchtigten Paragrafen 175 auch nach dem Ende des zweiten Weltkrieges in voller Härte zu spüren bekamen – bis weit in die 1970er Jahre hinein litten Schwule massiv unter dem Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Sex zwischen Männern unter Strafe stellte.
Die bundesdeutsche Justiz verurteilte in diesem Zeitraum nach Kriegsende rund 50.000 schwule Männer wegen gleichgeschlechtlicher „Unzucht“. Noch mal so viele gerieten in staatliche Ermittlungsverfahren. Dazu kamen Razzien, Prozesswellen und gesellschaftliche Ächtung. Alle Homosexuellen der damaligen Zeit mussten ständig mit der Angst leben, entdeckt und kriminalisiert zu werden. Der Historiker Hans-Joachim Schoeps schrieb 1963: „Für die Homosexuellen ist das Dritte Reich noch nicht zu Ende.“
Würde auch im Pflegeheim
Erst in den 1980er Jahren im Zuge der Schwulenbewegung änderte sich schrittweise die Lage, 1994 dann wurde der Paragraf endlich ersatzlos gestrichen. Bis heute sind aber schwule Senioren geprägt von diesem damaligen Gesetz; vielen blieb eine Karriere durch ihre Homosexualität verwehrt, weswegen sie heute mit kleinen Renten zurechtkommen müssen. Zudem kommt die aktuelle gesellschaftliche Lage, denn noch immer erleben schwule Senioren Homophobie in gemischten Pflege- und Altersheimen. Ein wesentlicher Grund, warum es immer mehr Einrichtungen speziell für homo- und bisexuelle Menschen 65plus gibt.
Lustvoller Sex im schwulen Alter
Grund zur Freude bereitete erst vor kurzem allerdings auch eine britische Studie (University of East Anglia & King's College London), die aufzeigte, dass schwule Senioren ein deutlich aktiveres Sexualleben haben als ihre heterosexuellen Altersgenossen. Im fortgeschrittenen Alter führen viele Homosexuelle demnach ihr bestes Sexleben, gerne auch mit mehreren Partnern und das bis weit in die eignen 70er Jahre hinein, so die Studienergebnisse. 25 Prozent der schwulen Herren über 70 Jahre, die auch Online-Dating betreiben, haben mehrere Sexualpartner – bei den Heterosenioren sind es gerade einmal zwei Prozent.