Fokus auf Menschenrechte Amnesty International fordert ein Umdenken nach den Wahlergebnissen in Sachsen und Thüringen
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen fordert Amnesty International ein Umdenken – Menschenrechte müssten jetzt in Deutschland in besonderer Weise gefördert und unterstützt werden. Im Besonderen betont die Organisation LGBTI*-feindliche Attacken sowie auch rassistische Parolen, die die zwei vergangenen Landtagswahlen geprägt hätten.
Forderung nach neuer Politik
Die Kernforderung dabei: „In der Regierungsbildung müssen sich Parteien jetzt klar zu einer menschenrechtsbasierten Landespolitik bekennen. Zivilgesellschaftliche Initiativen brauchen verstärkt Schutz vor politischen Angriffen.“ Ähnliches betonte zu Beginn der Woche auch bereits das Team des CSD Leipzig.
Die Regierungsbildung dürfte sich indes in beiden Bundesländern als langwierig und schwierig gestalten. Eine Regierung ohne die AfD ist so in Thüringen nur möglich, wenn alle vier verbleibenden Parteien im Landtag – CDU, BSW, Linke und SPD – ein Bündnis miteinander eingehen. Die CDU schließt aber nach wie vor eine Zusammenarbeit mit der Linksfraktion im Grundsatz aus. In Sachsen kann eine Regierung ohne die AfD nur mit SPD und BSW funktionieren – ob letztere aber in beiden Bundesländern überhaupt zu einer Koalition bereit ist, ist fraglich. Ebenso von Seiten der CDU scheint eine Zusammenarbeit in weite Ferne zu rücken: Rund 40 Parteimitglieder forderten heute einen sogenannten Unvereinbarkeitsbeschluss. Bisher hat die Partei eine solche kategorische Absage an eine Koalition nur für die AfD und die Linke ausgesprochen.
Zusammenarbeit mit der AfD?
Indes mehren sich die Stimmen innerhalb der SPD und der CDU, man müsse die „Brandmauer“ gegenüber der AfD einreißen und eine Zusammenarbeit in Erwägung ziehen. Als Beispiel dient die Zusammenarbeit mit rechten Parteien in anderen EU-Ländern. Das Argument: Eine Regierungsbeteiligung würde auch eine Partei wie die AfD „entzaubern“ und sie sozusagen zur Realpolitik zurückführen.
Amnesty International hält von solchen Vorschlägen wenig. Dr. Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt: „In Thüringen und Sachsen haben sich die Parteien im Wahlkampf von menschenfeindlichen Forderungen treiben lassen. Der menschenrechtliche Unterbietungswettbewerb muss jetzt ein Ende haben. Die kommenden Landesregierungen haben den Auftrag, die Rechte aller zu schützen – ohne dabei zu diskriminieren. Rassismus, Queerfeindlichkeit und Hass stehen dem diametral entgegen.“
Kein Platz für Hetze
Dabei betont Duchrow weiter: „Jeden Tag engagieren sich Menschen in Thüringen und Sachsen für Vielfalt und Menschenrechte. Nicht selten sind sie selbst von Diskriminierung betroffen oder erfahren Gewalt. Heute ist es wichtig, zu zeigen, dass Hetze keinen Platz in unserer Gesellschaft findet. Wir müssen Pride-Paraden und andere Orte queeren Lebens schützen, die wie zuletzt in Bautzen ins Visier geraten sind. Wir müssen aktiv werden bei rassistischen Angriffen im Alltag. Zivilgesellschaftliche Initiativen brauchen Rückendeckung, ob sie für Betroffene von Rassismus und Gewalt arbeiten oder für die Bildung von Kindern. Wenn die Vision einer Gesellschaft, an der alle gleichberechtigt teilhaben können, infrage gestellt wird, müssen wir uns einmischen!“
Mit Sorge blickt die Menschenrechtsorganisation so auch auf die nächste Landtagswahl in Ostdeutschland – am 22. September wird in Brandenburg der Landtag neu gewählt. Aktuelle Wahlprognosen sehen die AfD mit rund 24 Prozent vor der SPD und der CDU an erster Stelle.