Urteil mit Signalwirkung Der nächste Karibikstaat reformiert seine Strafgesetze zu homosexuellem Sex
Freude in der Karibik: Der Oberste Gerichtshof im Inselstaat Dominica in den Kleinen Antillen hat Homosexualität jetzt entkriminalisiert. In seinem heute verkündeten Urteil erklärten die Richter, dass die Abschnitte 14 und 16 des Gesetzes über sexuelle Straftaten, die homosexuellen Sex bisher unter Strafe gestellt haben, verfassungswidrig sind.
Sexualität ist Privatsphäre
Richterin Kimberly Cenac-Phulgence erklärte dazu: „Die Kriminalisierung sexueller Beziehungen zwischen einwilligenden Erwachsenen desselben Geschlechts stellt eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf freie Meinungsäußerung in einer freien und demokratischen Gesellschaft dar (…) Daher verstoßen die Abschnitte 14 und 16 des SOA insofern gegen die Verfassung, als sie in das häusliche Privatleben einer Person eingreifen, indem sie die Wahl von einwilligenden Erwachsenen, mit wem sie intime sexuelle Handlungen vornehmen wollen, verbieten, und sind daher ungültig.“
Massiver Widerstand der Kirchen
Der Entschluss dürfte eine Signalwirkung im gesamten karibischen Raum haben, in dem bis heute christliche Kirchen den Hass auf Homosexuelle nach wie vor mit aller Macht schüren. Zuletzt hatte auch das Oberste Gericht in Barbados im Jahr 2022 Homosexualität entkriminalisiert – allen Anfeindungen von christlicher Seite zum Trotz.
Auch in Dominica hatte die katholische sowie die anglikanische Kirche wie auch die Dominica Association of Evangelical Churches bis zuletzt vor Gericht versucht, eine Straffreiheit für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zu verhindern. Die positive Entscheidung dürfte daher auch weitreichende Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Rolle der Religion im Inselstaat haben.
Klage von schwulem Mann
Der Fall wurde bereits im Jahr 2022 von einem schwulen Mann vor Gericht gebracht, der die zwei Abschnitte des SOA für verfassungswidrig erklären lassen wollte. Unterstützt wurde die Klage dabei von den Organisationen Minority Rights Dominica (MiRiDom) und dem HIV Legal Network. Die zwei Straftatbestände wurden 1873 erlassen und stammen damit noch aus einer Zeit, als die Inselkette unter britischer Kolonialherrschaft stand. Der schwule Kläger hatte dabei erklärt, durch die Gesetze „Diskriminierung, Feindseligkeit und schrecklicher Gewalt" ausgesetzt gewesen zu sein.
Freude bei UNAIDS
Dominica ist das sechste Land in der Karibik, in dem eine starke Gemeinschaftsaktion zur Aufhebung der Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen geführt hat. Mehrere internationale LGBTI*-Organisationen zeigten sich in ersten Stellungnahmen hoch erfreut, allen voran auch der Verbund UNAIDS der Vereinten Nationen.
Exekutivdirektorin Winnie Byanyima dazu: „Das Urteil in Dominica ist ein Sieg für die öffentliche Gesundheit und die Menschenrechte. Der Schutz der Menschenrechte ist eine wesentliche Voraussetzung für den Schutz der Gesundheit aller Menschen. Gerichte sind als Hüter geschriebener Verfassungen, in denen die Grundrechte verankert sind, ein wichtiger Weg zur Verwirklichung der Rechte aller Menschen.“