Trauriger US-Rekord US-Autorenverband warnt vor „beispielloser Welle der Zensur“ von LGBTI*-Büchern
Es ist definitiv ein trauriger Rekord: In diesem Schuljahr 2023/2024 wurden in Amerika bereits 4.000 Buchtitel in 42 US-Bundesstaaten verboten, so die neusten Erkenntnisse von PEN America. Gezielt wird dabei versucht, Themen wie LGBTI* und Sexualität zu zensieren.
Dramatische Eskalation bei der Zensur
Die PEN America spricht von einer „dramatischen Eskalation“ von Bücherverboten und einem erneut starken Anstieg gegenüber dem Vorjahr. In den allermeisten Fällen wurden dabei Buchtitel mit LGBTI*-Thematik Opfer der Zensur. „Die Vereinigten Staaten erleben eine beispiellose Welle der Zensur in öffentlichen Schulen“, so der amerikanische Autorenverband weiter.
Angeheizt werden die Buchverbote dabei zumeist durch den „Missbrauch von Obszönitätsgesetzen und hetzerischer Rhetorik“, wobei selbst sachliche Bildungsmaterialien sehr schnell als „pornografisch“ eingestuft werden. Die reine Nennung von Homosexualität reicht hier oftmals bereits aus. Seitens der Gesetzgebung ist dies in vielen Fällen deswegen möglich, weil die Gesetze selbst oftmals sehr vage formuliert sind und daher einen großen Interpretationsspielraum zulassen.
Dazu kommt, dass die restriktive Zensur auch bereits als eine Form von vorauseilendem Gehorsam oftmals seine Wirkung nicht verfehlt: Viele Bibliotheken und Schulbehörden legen die entsprechenden Bücher inzwischen erst gar nicht mehr aus und eine Vielzahl von Pädagogen umgeht seit geraumer Zeit alle LGBTI*-Themen aus Angst vor Konsequenzen. PEN America betont einmal mehr, wie schädlich diese Entwicklung für die akademische Freiheit und die kritische Forschung ist. Die Autoren der „verbotenen Bücher“ berichteten dem Autorenverband gegenüber zudem von massiven regelmäßigen Morddrohungen.
Widerstand nimmt zu
Einziger Lichtblick in diesem Kulturkampf: Der Widerstand gegen diese Verbote wächst offenbar, immer mehr Studenten, Pädagogen und Autoren im ganzen Land mobilisieren sich, organisieren Demonstrationen und bilden Koalitionen, um die Verbote vor Gericht anzufechten.
„In mehreren Schulbezirken haben die lokalen Gemeinschaften mit einem noch nie dagewesenen Engagement auf die Verbote reagiert. Eltern, Schüler und Pädagogen haben in Rekordzahl an den Sitzungen der Schulbehörden teilgenommen, ihre Bedenken geäußert und gefordert, dass die verbotenen Bücher wieder zugelassen werden. Diese Sitzungen waren oft sehr emotional und machten deutlich, welch tiefgreifende persönliche Auswirkungen diese Verbote auf Schüler haben, die sehen, wie ihre Geschichte ausgelöscht wird“, so die PEN America.
Ist die Zensur verfassungskonform?
Zudem hält die Organisation weiter fest: „Rechtsexperten haben Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Verbote geäußert und darauf hingewiesen, dass sie gegen die Rechte des ersten Verfassungszusatzes verstoßen könnten. In mehreren Bundesstaaten wurden Klagen gegen das Verbot von Büchern eingereicht, wobei die Gerichte aufgefordert wurden, das Gleichgewicht zwischen Gemeinschaftsstandards und dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu prüfen. Bei diesen Rechtsstreitigkeiten geht es nicht nur um die Bücher selbst, sondern auch um die Verteidigung der Grundsätze der demokratischen Bildung und des freien Zugangs zu Informationen.“