Verfolgung Homosexueller Ausstellung soll Zeichen gegen Rechtsruck in der Gesellschaft setzen
Die Verfolgung von Homosexuellen in und nach der Nazi-Zeit ist bis heute ein zutiefst trauriges Kapitel in der Geschichte: Im Jahr 1934 setzte die systematische Verfolgung von schwulen Männern durch den Paragrafen 175 StGB ein – alle sexuellen Handlungen, selbst ein Kuss oder Händchenhalten, waren damit unter Männern verboten. Bis 1944 wurden rund 50.000 homosexuelle Männer verurteilt, rund 10.000 von ihnen kamen in NS-Konzentrationslager, etwa 700 Männer auch in die Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora.
Ein Zeichen von Respekt
Vom 25. Januar bis zum 21. April zeigt die Gedenkstätte Bergen-Belsen deswegen jetzt die Sonderausstellung „Rosa Winkel. Als homosexuell verfolgte Häftlinge in den Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora“. Der berüchtigte Rosa Winkel wurde zur Kennzeichnung von schwulen Männern dabei an ihrer gestreiften Häftlingskleidung angebracht.
Die Ausstellung will konkret einen Blick vor allem auf die schweren Bedingungen werfen, unter denen schwule KZ-Insassen leben mussten. Dr. Elke Gryglewski, Direktorin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen dazu: „Als Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, der auch die Gedenkstätte Bergen-Belsen untersteht, sehen wir es als unsere Aufgabe, alle Facetten von Unrecht und Verfolgung sowie ihre Folgen für die Gegenwart aufzuzeigen. Dies ist auch gegenüber den ehemals verfolgten Gruppen ein wichtiges Zeichen von Respekt und Anerkennung.“
Verfolgung auch nach NS-Zeit
Ein zweites, wichtiges Anliegen der Sonderausstellung ist es, auf die Situation von schwulen Männern nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hinzuweisen, denn auch nach 1945 wurden schwule Männer mit Hilfe des Strafrechtsparagrafen 175 weiter verfolgt – rund 50.000 von ihnen wurden erneut verurteilt. Ende der 60er Jahre wurde der Paragraf zwar abgeschwächt, erstsatzlos gestrichen allerdings erst 1994. Im Jahr 2017 wurde den schwulen Opfern die Möglichkeit von Entschädigungszahlungen seitens der Bundesregierung zugesprochen, die Antragsfrist wurde 2022 noch einmal um weitere fünf Jahre verlängert – nur wenige hundert Männer nutzten bisher die Chance dazu.
„Die Ausstellung soll zum Nachdenken nicht nur darüber anregen, was als homosexuell Verfolgte im Nationalsozialismus erleiden mussten, sondern auch darüber, warum sie nach 1945 lange nicht als Opfer wahrgenommen wurden. Angesichts der Kontinuitäten der Verfolgung wurden sie gewissermaßen Opfer einer zweiten Schuld von Staat und Gesellschaft in Deutschland. Auch das thematisiert die Ausstellung, wie auch heutige Hetze gegen queere Menschen. Gerade angesichts des derzeitigen allgemeinen Rechtsrucks mit zunehmender Queerfeindlichkeit versteht sich die Ausstellung auch als historisch-politische Intervention im öffentlichen Raum“, so Jens-Christian Wagner, Kurator der Ausstellung und Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.