STI-Hoffnung Hohe Resistenzen bei Gonorrhö-Behandlungen bei schwulen Männern – kann ein neues Antibiotikum helfen?
Neue Hoffnung in der Medizin – zuletzt besorgten die stetig steigenden hohen Resistenzen bei der Behandlung von Gonorrhö vor allem bei schwulen, sexuell sehr aktiven Männern. Nun keimt erstmals seit Jahrzehnten neue Hoffnung auf – kann ein neues Medikament wirksam flächendeckend helfen?
Gonorrhö vor allem bei jungen schwulen Männern
Gonorrhö gehört in Deutschland zu den Top-5-Geschlechtskrankheiten in der schwulen Community, in den USA ist es die zweithäufigste STI-Erkrankung überhaupt. Weltweit kommt es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu rund 87 Millionen Erkrankungsfällen pro Jahr, damit ist Gonorrhö, oder auch umgangssprachlich Tripper genannt, die dritthäufigste sexuell übertragbare Infektion weltweit – sie kommt zudem ausschließlich beim Menschen vor.
Die Infektion kann auch das Risiko einer HIV-Übertragung deutlich erhöhen. Die STI wird besonders häufig bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dokumentiert und tritt überproportional häufig bei schwulen und bisexuellen Männern auf, so die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Center for Disease Control and Prevention).
Keine Medikamente mehr gegen Gonorrhö?
Das große Problem dabei: Immer öfter haben die Bakterien eine Resistenz gegen alle zur Behandlung verwendeten Antibiotika entwickelt, mit Ausnahme einer letzten empfohlenen Therapie. Diese Vergabe sieht als Ultima Ratio eine Kombination aus einer Injektion des Antibiotikums Ceftriaxon und einer Dosis Azithromycin-Tabletten vor.
STI-Experten warnen daher schon seit geraumer Zeit, dass ein Dammbruch kurz bevorstehen könnte, wenn es möglicherweise bald keinerlei medizinische Maßnahmen gegen Gonorrhö mehr gibt. Die Erkrankung führt bei Männern zu starken Schmerzen beim Urinieren und eitrigem Ausfluss. Unbehandelt gehören zu den Langzeitfolgen chronische Entzündungen der inneren Geschlechtsorgane, gekennzeichnet durch anhaltende Schmerzen sowie Verklebungen der Samenleiter.
Hoffnung in der Medizin
Jetzt keimt allerdings Hoffnung auf – ein neues Antibiotikum hat sich als ebenso wirksam erwiesen wie die letzte noch verbleibende empfohlene Behandlung für Gonorrhö. In diesen Tagen wurden die erste klinische Studie des neuen Antibiotikums Zoliflodacin vorgestellt, das Gonorrhö-Infektionen offenbar ebenso wirksam heilt wie Ceftriaxon und Azithromycin. Das Medikament wurde von der Global Antibiotic Research & Development Partnership, einer Schweizer Non-Profit-Organisation, und dem US-Unternehmen Innoviva Specialty Therapeutics entwickelt.
„Zoliflodacin gibt uns ein neues Werkzeug für die Behandlung von Gonorrhö und, wenn es klug eingesetzt wird, eine Barriere gegen die weitere Ausbreitung von resistenten Infektionen", so Dr. Jeffrey Klausner, Experte für Infektionskrankheiten an der Keck School of Medicine der USC (Universität Süd-Kalifornien). Das Antibiotikum, das die erste neue Gonorrhö-Behandlung seit Jahrzehnten wäre, könnte bis 2025 auf den Markt kommen.
Der bisher einzig festgehaltene Nachteil von Zoliflodacin ist, dass eine frühere klinische Studie der Phase zwei aus dem Jahr 2018 ergab, dass das Medikament bei der Behandlung von Gonorrhö-Infektionen im Rachenraum nicht ganz so wirksam war wie im Genital- oder Rektalbereich. Das könnte möglicherweise zur großen „Achillesferse“ im Kampf gegen Gonorrhö in der Zukunft werden, so die Autoren der Studie.
Massiver Anstieg von Gonorrhö-Infektionen
In Deutschland ist die bakterielle Erkrankung nicht meldepflichtig, weswegen es keine konkreten Daten für die ganze Bundesrepublik gibt. Ausgehend von der Faktenlage im Bundesland Sachsen, wo die Infektion von Ärzten dokumentiert wird, geht man von einer Verzehnfachung der Fälle in den letzten zwanzig Jahren in Deutschland aus. In den USA sind die Fallzahlen von Gonorrhö vor allem aufgrund von Kürzungen im Gesundheitswesen auf ein Rekordhoch gestiegen, zuletzt war ein Anstieg binnen eines Jahres um 28 Prozent auf rund 710.000 Neu-Infektionen im Jahr 2021 festgehalten worden.
Erste Fälle von nicht behandelbaren Menschen
In den USA wurden im Januar dieses Jahres bereits die ersten Erkrankten festgehalten, bei denen alle fünf Antibiotikaklassen resistent waren. Bis zum Einsatz des neuen Antibiotikums steht nach wie vor daher die Befürchtung im Raum, dass Gonorrhö sich zumindest bei einigen Menschen als völlig unbehandelbar erweisen könnte. Man arbeite daher aktuell mit Nachdruck in den USA bereits an einer schnellstmöglichen Zulassung – wann das Antibiotikum dann auch in Deutschland eingesetzt werden kann, ist noch gänzlich offen.