Der Wandel ist schleppend Organisatorin des Queer Film Festivals München über Armut an deutschen LGBTI*-Filmen
Heute startet das fünftägige Queer Film Festival München (QFFM). Die selbstständige Filmemacherin und -editorin Bernadette Huber (40) arbeitet seit 2017 hinter den Kulissen des Events, also seit dessen zweiter Ausgabe. Im Interview mit der Süddeutschen erklärte sie, warum solche Veranstaltungen im Zeitalter scheinbarer LGBTI*-Omnipräsenz in Film und Fernsehen noch immer unabdingbar sind.
Das zeigen, was sonst unterginge
Um ein Filmfestival zu organisieren, braucht es laut Huber vor allem viel, viel Zeit. Mit ihr arbeiteten noch 13 andere Ehrenamtliche am 8. QFFM. Das Festival zeigt ausschließlich Filme mit LGBTI*-Thema. Und im Gegensatz zu kommerziellen Plattformen ist das Event „unabhängig von Klickzahlen oder Einschaltquoten und daher komplett frei“ darin, wie es sich gestaltet. „Solange es nicht gegen städtische Auflagen verstößt, können wir zeigen, was wir wollen und für relevant halten“, erklärte Huber.
Dem QFFM wird oft vorgeworfen, nur „deprimierende Indie-Produktionen“ zu zeigen, doch das ist laut Huber nicht der Fall: „Wir zeigen natürlich auch schöne, positive Filme“, erklärte sie. „Aber die großen und bekannten Produktionen laufen ohnehin im Kino, die müssen wir nicht noch zeigen. Wir konzentrieren uns auf die Filme, die nicht ins Kino kommen, auf die man sonst gar nicht erst stößt. Wir wollen eine gute Mischung: ob Festival-Film oder ein solcher, der schon deswegen relevant ist, weil er cineastisch toll oder politisch wichtig ist.“
Veränderungen in der Branche
Dass heutzutage in vielen Serien LGBTI*-Figuren vorkommen, macht das QFFM in Hubers Augen nicht überflüssig: „Das Programm [ist] in den öffentlichen-rechtlichen Medien, im Privatfernsehen oder auf Streaming-Plattformen zwar vorhanden, es war bis vor Kurzem aber sehr dünn. Und größtenteils auch mit stereotypen Darstellungen behaftet.“ Das QFFM zeigt vor allem Filme mit Frauen und trans* Personen. Auch bei großen Produktionen sind Filme, die sich nicht auf schwule oder bisexuelle Männer konzentrieren, noch immer Mangelware. Huber, die selbst lesbisch ist, führt diesen Umstand darauf zurück, dass sich die Filmschaffenden erst einmal „trauen müssen, solche Charaktere zu schreiben und zu besetzen“.
Auch das Alter und die Einstellungen der Entscheidungsbefugten spiele eine Rolle. Genau das ändere sich gerade, zum Beispiel bei Bavaria Film, wo vor kurzem eine junge Queer-Beauftragte eingestellt wurde. Bis solche Veränderungen wirklich greifen, brauche es natürlich viel Zeit. Doch Huber ist optimistisch: „Filme mit Themen wie Trans- oder Asexualität, die wir in unseren kuratierten Filmen jedes Jahr zeigen, werden dann hoffentlich auch häufiger in Deutschland gedreht.“
Generell gibt es im Programm des QFFM nur wenige deutsche Produktionen, und das ist laut Huber auch nicht ungewöhnlich: „Unser Langfilmprogramm war schon immer wenig deutsch. Dieses Jahr kommt hinzu, dass es wenig Filme aus dem deutschsprachigen Raum gab, die uns überhaupt interessiert haben. Es wird nach wie vor unglaublich wenig queerer Film hier gedreht. Das liegt auch an fehlender finanzieller Unterstützung.“
Zwei LGBTI*-Filmfestivals in München
Einen Monat vor dem QFFM findet seit einigen Jahren das Queerfilmfestival statt. Dieses wird von Salzgeber, dem größten LGBTI*-Filmverleih Deutschlands, veranstaltet – logischerweise werden beim Queerfilmfestival nur Filme gezeigt, die der Verleih anbietet. Im Gegensatz zum QFFM ist das Queerfilmfestival außerdem nicht regional auf München begrenzt, sondern findet bundesweit und sogar in Wien statt. Seit 2019 existieren beide Filmfestivals in München nebeneinander.