Angst an den Schulen Die Freiheit der Kultur ist in den USA immer mehr nur noch Fassade
Erst im Frühjahr dieses Jahres verschärfte Floridas Gouverneur Ron DeSantis sein berühmt-berüchtigtes „Don´t Say Gay“-Gesetz, das Themen rund um Homosexualität und LGBTI* an allen Schulen landesweit verbietet. LGBTI*-Verbände wie GLAAD verzeichnen bereits nach einem knappen Jahr mit dem neuen Gesetz viel mehr Angst und Verunsicherung innerhalb der LGBTI*-Jugend in Florida.
Zensur an Schulen
Damit nicht genug, zeigt sich schrittweise auch, dass das Gesetz auch in anderen Bundesstaaten bereits seine Wirkung entfaltet – einige andere US-Gouverneure spielen schon mehr oder minder offen mit der Idee, auch in ihrem Bundesstaat ähnliche neue Gesetze zu erlassen. Das wirkt sich bereits jetzt auf junge Schüler aus, gerade auch im kreativen Bereich.
Für Schlagzeilen sorgte so bereits vor kurzem ein Schulbezirk in Ohio, der voreilig eine Schüleraufführung des berühmten, mit dem Tony-prämierten Musicals „The 25th Annual Putnam County Spelling Bee“ absagte. Der Grund: In der Geschichte kommen auch schwule Charaktere vor. Erst als sich die Schöpfer des Musicals einschalteten, wurde das Stück schlussendlich doch zähneknirschend aufgeführt. Anfang August wurde dann in Florida an einigen Schulbezirken sogar Texte von William Shakespeare zensiert, weil es "sexuelle Anspielungen" darin gebe.
Eltern verbieten Theaterstücke mit LGBTI*
Eine banale Geschichte, will man meinen – doch die Fälle häufen sich, wie die Washington Post recherchiert hat. Immer öfter werden Theaterprogramme an US-Highschools vorab gestrichen, um erst gar keinen Anlass zu kontroversen Diskussionen mit homophoben Hardlinern und Konservativen heraufzubeschwören. In immer mehr Bundesstaaten werden Eltern zudem immer mehr Mitspracherechte zugestanden, wenn es um grundsätzliche Fragen der Bildung und der Unterrichtgestaltung geht. Gerade für viele christliche Eltern ist die rote Linie dabei bereits überschritten, wenn über das Thema LGBTI* auch nur sachlich gesprochen werden soll. In den Schulaufführungen sollen solche Stoffe gerne gänzlich verschwinden.
LGBTI*-Sichtbarkeit geht wieder verloren
Allein in diesem Jahr hat die American Civil Liberties Union (ACLU) bereits weit über 230 Gesetze verfolgt, die in den Bundesstaaten des Landes eingebracht wurden und direkt darauf abzielen, die Diskussion von LGBTI*-Themen in Schulen zu zensieren, Bücher über LGBTI*-Personen zu verbieten und die Rechte von homosexuellen Schülern zu beschneiden. Viele dieser Gesetze ahmen das berüchtigte "Don't Say Gay"-Gesetz in Florida nach. Die Theaterbühnen an den Schulen werden dabei in letzter Zeit wohl immer mehr zum nächsten Schlachtfeld im Kulturkampf – am Ende dürfen so vermeintlich nur noch jene Werke aufgeführt werden, die niemanden vor den Kopf stoßen.
Spannend klingt das nicht gerade. „Ich denke, dass die LGBTI*-Sichtbarkeit wieder verloren gegangen ist. Und das ist traurig, denn wir haben für eine kurze Zeit mehr von diesen Geschichten gesehen, die so lange nicht erzählt wurden, und jetzt ... werden sie wieder zensiert“, so die 18-jährige Meadowe Freeman, deren High School in Indiana eine Inszenierung von „Marian“, einer Nacherzählung von Robin Hood, die LGBTI*-Figuren enthält, abgesagt hat.