„Woker Müll“ Netflix-Serie um Schwule im US-Militär erhitzt die Gemüter
Das Pentagon hat sich jetzt mit deutlichen Worten gegen die Netflix-Serie „Boots“ ausgesprochen, die das Lebens eines heimlich schwulen Rekruten im Ausbildungscamp der US-Marines porträtiert. Die Geschichte sei nichts weiter als „woker Müll“. Offensichtlich liegen beim amerikanischen Verteidigungsministerium die Nerven blank.
Entrüstung beim Pentagon
Das überrascht insofern, weil die Story auf den Memoiren von Greg Cope White beruht. In seinem Bestseller „The Pink Marine” beschrieb der ehemalige Soldat seine Zeit im Dienst der USA, als es noch illegal war, homosexuell bei den Streitkräften zu sein. Ein Realitätsbezug zur Grundgeschichte ist also durchaus gegeben. Trotzdem betonte der Pressesprecher des Pentagons, Kingsley Wilson, jetzt gegenüber Entertainment Weekly: „Unter Präsident Trump und Minister Hegseth kehrt das US-Militär zur Wiederherstellung des Kriegerethos zurück. Unsere Standards sind durchweg elitär, einheitlich und geschlechtsneutral, denn das Gewicht eines Rucksacks oder eines Menschen interessiert es nicht, ob man ein Mann, eine Frau, schwul oder heterosexuell ist. Wir werden unsere Standards nicht zugunsten einer ideologischen Agenda kompromittieren, im Gegensatz zu Netflix, dessen Führung ihrem Publikum und dessen Kindern ständig woken Müll serviert.“
Lob von Filmexperten und Publikum
Filmkritiker und Zuschauer sehen das offensichtlich anders. Die achtteilige Serie katapultierte sich binnen weniger Tage nach Erscheinen Anfang Oktober in vielen Ländern auf Platz 1 der aktuell meistgesehenen Serien – auch in Deutschland. Sogar weltweit ist „Boots“ unter den Top-6-Serien des Streamingdienstes. Netflix hat rund 302 Millionen zahlende Nutzer in mehr als 190 Ländern und ist bis heute Marktführer im Streaming-Bereich.
Der britische Guardian feierte die Geschichte als „unglaublich kraftvoll“, der amerikanische Hollywood Reporter erklärte, die Serie sei „kritisch gegenüber der Anti-Schwulen-Politik des Militärs in den 1990er Jahren“, aber „in vielerlei Hinsicht auch respektvoll gegenüber dem Militär und eher positiv gegenüber den Aspekten der Brüderlichkeit im Leben eines Soldaten.“ Kurz gesagt, eigentlich dürfte das US-Pentagon zufrieden sein mit der Darstellung.
Relevanz für Betroffene
Dazu zeichnet sich immer mehr ab, welche große Relevanz die Serie gerade auch für homosexuelle und queere Soldaten im US-Militär hat, wie auch der schwule Hauptdarsteller Miles Heizer betonte: „Als die Dreharbeiten zur Serie begannen, hatten wir meiner Meinung nach nicht die Absicht, eine Botschaft zu vermitteln, die für die heutige Zeit so relevant ist. Aber dann, während wir die Serie drehten, begannen all diese Dinge zu passieren. Es ist sehr interessant, dass Boots ein Licht auf das wirft, was derzeit tatsächlich geschieht, obwohl die Serie im Jahr 1990 spielt. Das ist beunruhigend.“ Heizer bezieht sich dabei auf das Verbot von trans* Menschen im US-Militär.
Erst nach und nach wurde dem Team klar, wie besonders die Serie sein könnte, bestätigte auch der ebenso schwule Schauspieler Max Parker, der in „Boots“ einen heimlich schwulen, knallharten Ausbilder des Militärcamps spielt: „Ich erinnere mich, wie ich diese eine Szene gedreht habe und gebeten wurde, mein Hemd auszuziehen, wodurch meine Beziehung zu einem anderen Mann indirekt durch ein Tattoo sichtbar wurde. Nach den Dreharbeiten wollte ich das Set verlassen und da sah ich einige Leute der Crew herumstehen, die auf die Monitore schauten und weinten, weil sie sich in die Zeit zurückversetzt sahen, als es illegal war, schwul zu sein. Es hat einen Nerv bei ihnen getroffen, und da wurde mir klar: Deshalb ist es so wichtig, diese Geschichte zu erzählen. Sie klärt die Menschen auf und ist gleichzeitig eine unterhaltsame und erschütternde Serie.“
Sean Penn spricht von „Idioten“
Wie dünnhäutig hingegen das US-Verteidigungsministerium seit dem Amtsantritt von Donald Trump zu Beginn des Jahres ist, belegte im Juni auch die Umbenennung eines US-Marineschiffes, das den Namen des ersten offen schwulen Politikers der USA, Harvey Milk, getragen hatte. Amüsiert meldete sich zuletzt auch Sean Penn zu Wort, der Hollywoodstar bekam für seine Darstellung von Harvey Milk im gleichnamigen Biopic einen Oscar.
Gegenüber dem Hollywood Reporter sagte er: „Diese Leute sind Idioten. Pete Hegseth scheint kein kluger, weiser oder sachkundiger Mann zu sein. Er wirkt klein und kleinlich. Ich würde ihm gerne einige LGBTIQ+-Leute vorstellen, die Kämpfer sind und ihr ganzes Leben lang kämpfen mussten, nur um offen als das leben zu können, was sie sind.“ Ob das Pentagon mit seiner jüngsten Kritik also wirklich punktet, ist sehr fraglich – eher fungiert die Häme als zusätzliche Werbung. Es ist gut möglich, dass Netflix aufgrund des anhaltenden Erfolgs eine zweite Staffel von „Boots“ in Auftrag gibt.