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Weltaidstag
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Weltaidstag Das Ende von HIV rückt in weiter Ferne – die Fallzahlen steigen, besonders dramatisch in Osteuropa, aber auch in Deutschland!

ms - 01.12.2023 - 08:00 Uhr

HIV – auch wenn die Viruserkrankung vielerorts den Schrecken vergangener Tage dank erfolgreicher Therapien verloren hat, gibt es nach wie vor noch viele Probleme mit der Krankheit. Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht, anders als die Weltgesundheitsorganisation WHO, inzwischen davon aus, dass auch weltweit gesteckte Ziele wie das Ende von HIV bis 2030 „völlig unrealistisch“ und schlicht nicht umsetzbar sind. Die Corona-Pandemie hat in den letzten Jahren zudem dazu beigetragen, dass sowohl im Forschungs- wie auch im Präventionsbereich Rückschritte in vielen Ländern zu verzeichnen waren, da viele Kräfte zur Bekämpfung von Covid-19 gebündelt worden sind.

HIV – Thema nur für einen Tag?

Zum heutigen Weltaidstag wird das Thema abermals kurz angesprochen – Fachorganisationen rund um HIV und STI bemängeln allerdings ebenso wie viele Ärzte seit Jahren, dass die Viruserkrankung ganzjährig ein Thema sein müsste. Doch in vielen Ländern ist auch die finanzielle Lage im Bereich Forschung und Prävention schwierig, wird stellenweise sogar zurückgefahren oder, wie in den USA, sogar zum Spielball politischer Interessen.

HIV in Osteuropa

In Europa ist HIV vor allem in Osteuropa ein extrem großes Problem mit stetig steigender Brisanz. Im Jahr 2022 haben sich über 110.000 Menschen mit HIV neu angesteckt (Quelle Statista), so die offiziell diagnostizierten Zahlen für Europa, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, denn in besonders betroffenen Ländern wie beispielsweise Russland wird HIV erneut zum Tabu und Aids-Aufklärung als verbotene „Werbung für Homosexualität“ neu definiert – mit dramatischen Folgen, denn nicht nur Beratungszentren schließen nach und nach, sondern immer weniger Menschen lassen sich überhaupt noch auf HIV testen, aus Angst, als vermeintlich homosexuell geoutet werden zu können.  

HIV-Anstieg in Deutschland

Doch trotz vielen HIV-positiven Menschen im Dunkelfeld sind auch die offiziellen Zahlen in Europa leicht angestiegen, auch in Deutschland. Für das Jahr 2022 geht das RKI derzeit von 1.900 Neu-Infektionen in der Bundesrepublik aus, 100 Menschen mehr als noch 2021. Besonders auffällig dabei: Die Fallzahlen unter schwulen und bisexuellen Männern stagnieren, während die Neu-Infektionen unter Heterosexuellen weiter zunehmen. Trotzdem sind in der Mehrzahl nach wie vor schwule und bisexuelle Männer vom Virus betroffen, sie machen rund 1.000 Fälle oder 53 Prozent aus. Bei heterosexuellem Sex infizierten sich etwa 27 Prozent, weitere 19 Prozent bekamen HIV durch intravenösen Drogengebrauch. Insgesamt wurden in Deutschland 2022 bei 3.239 Menschen HIV diagnostiziert, eine Zunahme um 1.000 Fälle (Quelle Statista).

HIV-Gefälle in Europa

Zurück in Europa zeigt sich, dass sich auf dem europäischen Kontinent etwa 12,4 Personen pro 100.000 Menschen mit HIV anstecken – so der Durchschnitt. In Russland hingegen liegen die Fallzahlen rund dreimal so hoch bei 38,4 Infektionen pro 100.000 Einwohner. Die Ukraine hat 29,8 Infektionen pro 100.000 Einwohner zu beklagen. Das Gefälle zwischen West- sowie Zentraleuropa und Osteuropa nimmt dabei an Dynamik und Dramatik immer weiter zu.

Insgesamt hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in 37 von 49 untersuchten Ländern – 26 davon in der EU – einen Anstieg der HIV-Diagnosen registriert – teilweise mit Rekordwerten. Die Experten nennen vor allem die Einwanderung von Menschen aus Krisengebieten als Grund für die Anstiege in West- und Zentraleuropa. Aber auch sich, nach der Covid-Pandemie wieder normalisierende Testangebote bei den Gesundheitsdiensten sowie die Einführung neuer Teststrategien tragen dazu bei.

Das Ende von HIV bis 2030? Unrealistisch?

Jenseits der nüchternen Zahlen zeigt sich, dass HIV in vielen Ländern noch immer ein Politikum ist, gerne auch dann, wenn es restriktive Verbotsgesetze gegen Homosexualität gibt – allein deswegen geht das RKI nicht davon aus, dass ein angepeiltes weltweites Ende von HIV bis 2030 irgendwie machbar sei und spricht von einer „völlig unrealistischen“ Annahme. Ein weiterer Aspekt: „Eine HIV-Elimination aus der menschlichen Population ist völlig unrealistisch, solange kein hochwirksamer Impfstoff zur Verfügung steht – und ein solcher ist nicht in Sicht.“

Stigmatisierung bleibt Alltag

Dazu kommt das Stigma HIV – nicht nur in Ländern mit homophoben Gesetzen ist das bis heute ein Problem, auch in Deutschland ist Ausgrenzung und Diskriminierung für fast alle Menschen mit HIV gelebter Alltag, erst gestern schockierte ein Fall aus Nordrhein-Westfalen. In einer Studie (Quelle: Positive Stimmen 2.0) gaben so 95 Prozent der HIV-positiven Befragten an, binnen des letzten Jahres Diskriminierung aufgrund ihres HIV-Erkrankung erlebt zu haben. Mehr als die Hälfte der Menschen mit HIV erfahren deswegen auch eine Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. Immer wieder sind Betroffene dabei auch dort mit moralischen Verurteilungen, Schuldzuweisungen und Ablehnungen konfrontiert, wo dies keinesfalls vorkommen dürfte – in Arztpraxen sowie generell im Gesundheitssektor.

Der Frust darüber ist vielerorts groß, auch in der Oppositionspolitik – die queer-politische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, dazu: „Auch heute noch erfahren HIV-Infizierte vielfach Benachteiligungen, sogar im Gesundheitswesen. Dagegen braucht es mehr Aufklärung und Sensibilisierung für medizinisches und nichtmedizinisches Personal. Minister Lauterbach muss hier in der zweiten Halbzeit der Legislaturperiode liefern.“ Die Maßnahmen zur erfolgreichen Bekämpfung von HIV liegen auch in Deutschland auf dem Tisch, doch vielerorts fehlt es zudem auch an ausreichend finanziellen Mitteln – eine Ausgangslage, die sich mit der derzeit desolaten Haushaltsplan-Situation der Ampel-Koalition für 2024 und darüber hinaus noch einmal weiter verschlimmern könnte.

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