Urteil in Indien Der Oberste Gerichtshof spricht sich gegen gleichgeschlechtliche Ehen aus und gibt die Entscheidung zurück an das Parlament
Mit Spannung war das Urteil des Obersten Gerichtshofs in Indien heute erwartet worden – die Richter haben sich schlussendlich mehrheitlich dagegen ausgesprochen, gleichgeschlechtliche Ehen rechtlich anzuerkennen. Geklagt hatten 18 homosexuelle Paare. Als Begründung erklärte das Gericht, dass diese Entscheidung über den eigenen Zuständigkeitsbereich hinausgehe, dieser liege beim Parlament. Allerdings betonten die Richter auch, dass der indische Staat homosexuelle Beziehungen nicht weiter diskriminieren dürfe.
Kein Verfassungsschutz für homosexuelle Paare
Für die LGBTI*-Community im Land ist das Urteil trotzdem eine bittere Enttäuschung, bis zuletzt hatten sie dafür gekämpft, dass die Richter das Recht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe verfassungsmäßig anerkennen würden. Schlussendlich hatten sich aber nur zwei der fünf Richter für gleichgeschlechtliche Ehen ausgesprochen.
Im Jahr 2018 hatte der Oberste Gerichtshof zuletzt ein Gesetz aus der Kolonialzeit aufgehoben, das bis dahin Homosexualität in Indien verboten hatte – trotzdem blieben die Ressentiments gegenüber Schwulen und Lesben im Land groß. Neben einem Teil der Gesellschaft hatte sich so auch die indische Regierung selbst gegen die Einführung einer Homo-Ehe ausgesprochen und sprach dabei von „urbanen elitären Ansichten“.
Kritik und Lob für die richterliche Entscheidung
Vor dem Gericht hatten sich zahlreiche LGBTI*-Aktivisten versammelt, sie erklärten nach der Urteilsverkündung, sie fühlten sich vom Gericht im Stich gelassen. Immer wieder wird dabei bemängelt, dass die fünf Richter die Entscheidung zurück in die Hände des Parlaments gelegt haben und sich damit einer klaren Stellungnahme verweigert hätten.
„Das fühlt sich wie eine Alibiveranstaltung an. Wir zahlen genauso viele Steuern wie Heterosexuelle, kämpfen genauso hart, wenn nicht sogar mehr, aber wir werden trotzdem zu Bürgern zweiter Klasse degradiert“, so Archit Dutt, ein schwuler Student in Delhi gegenüber der BBC.
Die Anwältin und Autorin Tanushree Bhalla erklärte hingegen, man beuge sich der „Majestät des Gerichts“, betonte aber überdies: „Wir hoffen jedoch, dass die Regierung die Anweisungen des Urteils beherzigt und die notwendigen Schritte unternimmt, um die Diskriminierung zu beenden, der LGBTQ+-Personen tagtäglich im Gesetz und im Leben ausgesetzt sind.“ In einem nächsten Schritt soll nun ein Gremium eingerichtet werden, das die Gewährung sozialer und gesetzlicher Rechte und Vorteile für gleichgeschlechtliche Paare prüfen soll.
Von juristischer Zeit kommt Zuspruch zur jüngsten Entscheidung des Gerichts. So erklärte Adish Aggarwala, Präsident der Anwaltskammer des Obersten Gerichtshofs, gegenüber Reportern, er sei froh darüber, dass das Gericht das Argument der Regierung akzeptiert habe: „Dieses Recht steht allein dem indischen Parlament zu, und wir sind froh, dass das Gericht uns zustimmt.“