Urteil am Obersten Gerichtshof Eine heterosexuelle Frau wurde von ihrem schwulen Chef diskriminiert - und bekam jetzt Recht zugesprochen
Ein Urteil mit weitreichenden Folgen: Der Supreme Court in den USA hat jetzt einer heterosexuellen Frau aus Ohio im Fall einer sogenannten „umgekehrten Diskriminierung“ Recht zugesprochen – die Klägerin fühlte sich von ihrem schwulen Chef diskriminiert. Juristen werten das Urteil als wegweisend, künftig wird es viel einfacher sein, dass LGBTIQ+-Personen und andere Minderheiten sich in puncto Diskriminierung am Arbeitsplatz gegenüber heterosexuellen Menschen vor Gericht verantworten werden müssen.
Einstimmiges Urteil mit Signalwirkung
Die neun Richter des Supreme Courts votierten einstimmig zugunsten von Marlean Ames. Sie hatte erklärte, sie sei von ihrem homosexuellen Chef bei der Jugendgerichtshilfe, der Ohio Department of Youth Services, deswegen nicht befördert worden, weil sie heterosexuell ist. Man habe ihr mehrfach eine Beförderung verweigert und sie später ganz aus ihrer Position entfernt, während weniger qualifizierte queere Mitarbeiter die von ihr angestrebten Aufgaben erhielten.
Vor Gericht ging es dabei auch um die Frage, ob Menschen die einer Mehrheitsgesellschaft angehören – beispielsweise, weil sie weiß oder heterosexuell sind – höhere Beweisstandards in Diskriminierungsfällen erfüllen müssen als marginalisierte Minderheiten. Richterin Ketanji Brown Jackson schrieb betonte diesbezüglich, dass die Rechtsprechung „deutlich macht, dass der Standard für den Nachweis einer ungleichen Behandlung gemäß Titel VII nicht davon abhängt, ob der Kläger Mitglied einer Mehrheitsgruppe ist oder nicht (…) Die Regel ´Hintergrundumstände‘ verstößt gegen dieses Grundprinzip. Der Kongress hat den Gerichten keinen Raum gelassen, um besondere Anforderungen nur für Kläger aus Mehrheitsgruppen zu stellen.“
Vor Gesetz sind alle gleich
Der LGBTIQ+-kritische Oberste Richter Clarence Thomas bekräftigte überdies, dass an vielen Gerichten im Land bisher im Rahmen von Antidiskriminierungsgesetzen eine Ungleichheit geherrscht habe, genauer gesagt wurde vielerorts „eine ausdrücklich auf Ethnie basierende Bevorzugung verankert: Weiße Kläger müssen die Existenz von Hintergrundumständen nachweisen, während nicht-weiße Kläger dies nicht tun müssen.“ Diese Sichtweise ist nicht rechtens, so Thomas sinngemäß weiter, und fügte hinzu, dass mit der jetzt getroffenen Entscheidung des Supreme Courts allen Gerichten in den USA die Notwendigkeit genommen worden ist, sich weiter „auf diese schmutzigen Deals einzulassen.“ Menschen dürfen vor Gericht nicht aufgrund ihrer Ethnie oder ihre Identität anders behandelt werden.
Queere Vereine betonen Welle von Hass
Die queere Organisation Human Rights Campaign (HRC) sowie die National LGBTQ Task Force betonten nach dem Urteilsspruch, dass alle Menschen vor Diskriminierung geschützt werden müssten, wobei Cathryn Oakley von der HRC zudem erklärte: „Die heutige einstimmige Entscheidung kommt in einer Zeit, in der wir eine alarmierende Welle politischer Angriffe auf LGBTIQ+-Menschen im ganzen Land und eine noch nie dagewesene Feindseligkeit in Teilen der Regierung gegenüber unserer Community erleben. Insbesondere LGBTIQ+-Personen sind vermehrt und zunehmend gefährlichen Formen der Diskriminierung ausgesetzt – und allzu oft auch weniger Möglichkeiten, diese zu beseitigen. Dieses Urteil muss im Zusammenhang mit dieser steigenden Flut verstanden werden. Bei der Bekämpfung von Diskriminierung geht es nicht nur um einen Fall oder eine Person – es geht um die Verteidigung des allgemeinen Versprechens von Gleichheit und Gerechtigkeit für alle.“