Skandal bei Beerdigung Priester macht aus verstorbenem schwulem Promi-Ehepaar in Italien "Freunde" und predigt von der Sünde
Über 30 Jahre lang waren Mario Paglino und Gianni Grossi ein Paar, viele Jahre davon lebten sie in einer eingetragenen Partnerschaft, bis sie ein tragischer Autounfall Ende Juli grausam aus dem Leben riss. Nun wurde das prominente Künstlerpaar aus Italien bestattet – und dabei kam es zum Eklat. Die Predigt des Priesters schockte nicht nur die versammelte Trauergemeinde, sondern in diesen Tagen ganz Italien und die LGBTIQ+-Community.
Bewegende Worte von Mattel
Die Designer waren mit ihren besonderen Barbie-Puppen weltberühmt geworden, inklusive ihren kunstvollen Kopien von Persönlichkeiten wie Lady Gaga, Cher oder auch Victoria Beckham. Zu ihren Lieblingen gehörte Popstar Madonna, die sie auch persönlich kennenlernten. Eine Designer-Puppe des schwulen Paares war selten unter 15.000 Euro zu haben, jahrelang arbeiteten sie auch als Berater und kreative Gestalter für den Barbie-Konzern Mattel.
Mit bewegenden Worten hatte sich letzte Woche das Unternehmen von den beiden Männern verabschiedet: „Das Barbie-Team trauert um Mario Paglino und Gianni Grossi. Als leidenschaftliche und talentierte Designer haben sie mit ihrem Geist und ihrer Liebe zur Marke jedes ihrer Werke zu einem Meisterwerk gemacht. Neben ihrem außergewöhnlichen Talent strahlten sie eine Energie aus, die jeden Raum, den sie betraten, erhellte, ihre Anwesenheit brachte Wärme, Lachen und ein Gefühl der Zugehörigkeit mit sich. Ihre Großzügigkeit war grenzenlos, sie schufen unzählige Puppen, die speziell für Wohltätigkeitsorganisationen versteigert wurden. Barbie wurde besser, weil sie die Marke liebten und ihre Leidenschaft geteilt haben. Barbie ehrt ihr Andenken mit tiefer Dankbarkeit.“
Tragischer Unfall auf der Autobahn
Ende Juli starben sie zusammen mit einem guten Freund bei einem tragischen Unfall auf der Autobahn Turin-Mailand, eine vierte Insassin überlebte schwer verletzt; ein 82-jähriger Geisterfahrer war ihnen in voller Fahrt auf der Überholspur entgegengekommen. Der Rentner hatte seine Ausfahrt verpasst und war deswegen auf der Autobahn mit seinem SUV umgedreht, um zurückzufahren – er verstarb ebenso bei dem Frontalcrash.
Eklat bei Beerdigung
Die Kunstwelt, Italien und vor allem die LGBTIQ+-Community trauert seitdem um das Designerpaar, dass sich viele Jahre lang auch für die Rechte von Homosexuellen und queeren Menschen eingesetzt hatte. Unter großer Anteilnahme fand die Beerdigung von Paglino und Grossi nun in der Basilika San Gaudenzio in Novara statt und endete in einem Skandal: Der zuständige Priester Don Renzo macht aus dem Ehepaar in seiner Predigt zwei „Freunde“, konkret habe sie eine „tiefe Leidenschaft für ihren Beruf“ und eine „standhafte Freundschaft“ verbunden. Ihre Beziehung benannte er mit keinem einzigen Wort, stattdessen erklärte er: „Man betritt das Paradies nur durch die Tore der Barmherzigkeit, deshalb müssen wir um Vergebung für unsere Sünden bitten“ – eine klare Anspielung auf die Homosexualität der beiden Männer.
Priester will keine „Schwulenfeier“
In den sozialen Medien sowie auch in Teilen der italienischen Presse sorgte diese Herabwürdigung des verstorbenen schwulen Ehepaares für einen Aufschrei der Empörung. Doch es kam noch besser: Darauf angesprochen, erklärte Pastor Don Renzo, er habe die Beziehung des schwulen Paares ganz bewusst nicht erwähnt, denn: „Ich wollte nicht, dass die Beerdigung dieser Beiden zu einer Schwulenfeier wird. Die Kirche erlaubt das nicht (…) Beerdigungen sind keine Lobpreisungen der Toten, sondern eine Verkündigung der Auferstehung und eine Feier des Glaubens an Gott. Ich glaube, die Gläubigen haben verstanden, dass es darum ging, diese Menschen Gott anzuvertrauen, ohne über ihr Leben zu urteilen. Solange ich die Rolle des Priesters ausübe, kann ich nicht über diese Liebe sprechen. Es ist Aufgabe des Heiligen Stuhls, die Dinge zu ändern, nicht meine.“
Entsetzen bei Freunden
Freunde und enge Angehörige des Paares erklärten daraufhin gegenüber der Tageszeitung La Stampa, der Priester habe mit seinen Worten „30 Jahre der Liebe grausam ausgelöscht.“ Und der Präsident der queeren Organisation Novar Arcobaleno, Flavio Mazzolini, betonte gegenüber der Tageszeitung: „Diese Angelegenheit macht uns traurig und gibt uns viel zu denken. Wir haben über eine Diskussion mit Don Renzo nachgedacht, unter Einbeziehung anderer katholischer Vereinigungen, mit dem Ziel, gemeinsam über Paare zu diskutieren, die für die Kirche unsichtbar sind. Es ist wichtig, sich an einen Tisch zu setzen, um zu diskutieren, wie man die Dinge ändern kann.“
Der angerichtete, pietätlose Schaden im Falle der zwei schwulen Designer ist dabei allerdings nicht mehr rückgängig zu machen. Vielleicht hätte der Priester auch einfach vor seiner Predigt die letzten Worte lesen sollen, die das schwule Paar in den sozialen Medien selbst veröffentlicht hatte: „Wir haben immer daran geglaubt, dass es eine natürliche Entscheidung ist, man selbst zu sein und frei zu sein. Das ist alles, was man braucht: Respekt. Respekt für die freien Entscheidungen anderer, Respekt für die Liebe.“