Neue Verhaftungen in Kamerun Vier Muslime werden beschuldigt, ein „Schwulenvideo“ angesehen zu haben, Beweise gibt es keine
Die Lage für Homosexuelle in Kamerun verschlechtert sich weiter massiv, wie jetzt der neuste Fall aus dem Norden des Landes belegt. Seit sechs Monaten sitzen dort vier muslimische Männer in Haft, weil sie ein „Schwulenvideo“ angesehen haben sollen.
Keine faire Verhandlung
Ein Gerichtsverfahren gab es bis heute nicht, nach Informationen von lokalen LGBTIQ+-Aktivisten sollen die Männer in der Haft im Gefängnis von Maroua tagtäglich Folter, Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt sein. Stichhaltige Beweise gegen sie gibt es ebenso nicht, ein Imam einer Moschee beschwerte sich über die vier Männer, nachdem andere Moscheebesucher ihm erzählt hatten, dass diese homosexuell seien. Man habe sie zudem beim Ansehen eines „Schwulenvideos“ gesehen. Ob das tatsächlich stimmt, ist nicht bewiesen. Das Wort des Imam reichte allerdings aus, um die vier Männer zu verhaften. „Die Anschuldigungen gegen sie sind fadenscheinig und rechtfertigen keine Verurteilung“, so ein Anwalt der Hilfsorganisation „Projekt Not Alone“ (PDA), der sie ehrenamtlich vertritt.
Zudem berichtet der Anwalt weiter, dass seine vier Mandanten im Alter zwischen 23 und 24 Jahren erheblich an Gewicht verloren haben. Inzwischen wurde eine mögliche Freilassung seitens der anklagenden Staatsanwaltschaft angeboten, allerdings müsste jeder der vier Männer umgerechnet rund 380 Euro bezahlen, das entspricht mehr als einem Viertel des durchschnittlichen Jahreseinkommens. Zudem liegt die geforderte Summe eigentlich über der gesetzlich festgelegten Obergrenze für Vergehen aufgrund der Homosexualität der Angeklagten – das scheint die Ankläger allerdings nicht zu irritieren.
Katastrophale Lage in Kamerun
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International verschlechtert sich die Lage für LGBTIQ+-Menschen in Kamerun immer mehr, insbesondere haben es die Behörden offenbar auf schwule Männer abgesehen. Homosexuelle werden gejagt, willkürlich inhaftiert, schikaniert, sexuell missbraucht und ermordet. Dazu kommt Polizeigewalt und brutale anale Zwangsuntersuchungen, um die Homosexualität von Männern „zu beweisen“. Geständnisse werden mit Gewalt erzwungen. Ein Kuss zwischen zwei Männern zieht bereits eine Haftstrafe von fünf Jahren nach sich. Künstler, Politiker und Prediger riefen in der Vergangenheit außerdem immer wieder dazu auf, die „Schwuchteln abzustechen“.
Schlagzeilen machte auch der Fall des Journalisten und Schwulen-Aktivisten Eric Ohena Lembembe, der in seiner Wohnung grausam zu Tode gefoltert worden war. „Laut Gesetz kann eigentlich nur verurteilt werden, wer bei homosexuellen Handlungen in flagranti erwischt wird. Doch die Gerichte des Landes legen das Gesetz sehr viel weiter aus: Bereits der Verdacht, homosexuell zu sein, kann zu einer Verurteilung führen. Homophobie ist in Kamerun weit verbreitet: Christliche Prediger und Medien hetzen gegen Schwule und Lesben. Wer homosexuell ist, wird von den Behörden diskriminiert“, so Amnesty International.