Tag der Jugend Die psychische Verfassung der LGBTI*-Generation Z ist schlecht!
Aktuell leben rund 8,35 Millionen Jugendlicher und junger Erwachsener im Alter von 15 bis 24 Jahren in Deutschland, die sogenannte Generation Z. Rund 1,84 Millionen von ihnen definieren sich als LGBTI* (Ipsos Studie 2023). Am Samstag soll beim Internationalen Tag der Jugend einmal mehr ein Fokus auf jene junge Menschen gelegt werden, dabei zeigt sich, gerade LGBTI*-Jugendlichen geht es nach wie vor in vielen Fällen sehr schlecht.
Covid als Brandbeschleuniger der psychischen Probleme
Schon vor der Pandemie lagen je nach Umfrage die Suizidraten unter homosexuellen und queeren jungen Menschen deutlich höher als bei heterosexuellen Gleichaltrigen, teilweise bestand ein bis zu achtfach erhöhtes Risiko (Studie WHO). Durch Covid-19 haben sich diese Zahlen noch weiter dramatisiert, wie in den letzten knapp drei Jahren mehrere Beratungsstellen wie beispielsweise das anyway in Köln oder auch der Verein COMING OUT DAY belegten – nicht nur die Anfragen selbst nahmen zu, sondern auch die Fälle von Angst und Depressionen. Hat sich nun nach dem Ende der Pandemie die Situation vielleicht wieder etwas entspannt?
Ein Leben in der Warteschleife
Leider nicht, wie Sven Norenkemper, Vorstandsvorsitzender vom Verein COMING OUT DAY gegenüber SCHWULISSIMO jetzt bestätigt: „So gerne wir auch positive Entwicklungen benennen möchten: weder unser tägliches Erleben, noch die aktuellen Zahlen geben das her - ganz im Gegenteil. Das Leben von den meisten Jugendlichen war für mehr als zwei Jahre auf ´hold´ gestellt. Das ist im Jugendalter eine unglaublich lange Zeit und viele Erlebnisse sind schlicht nicht wieder aufholbar. Zudem ging es sofort mit einem schrecklichen Angriffskrieg in Europa weiter, mitsamt Ängsten vor Eskalation und wirtschaftlichen Sorgen. Für unsere Zielgruppe kommt die massiv steigende Queerfeindlichkeit hinzu und Ängste vor einem weiteren Rechtsruck in Deutschland.“
Angst, Stress und Depressionen
Bereits Ende letzten Jahres bestätigte auch das Bundesamt für Statistik, dass die Pandemie tiefgreifende Spuren und Defizite bei Jugendlichen hinterlassen hat, die so schnell auch nicht wieder aufzuholen sind. Jugendberaterin Rabea Maas von der LGBTI*-Jugendberatungsstelle anyway erklärte dazu: „Das dritte Jahr der Corona-Pandemie lässt das Realität werden, wovor Expert:innen lange gewarnt haben: einen massiven Anstieg des psychischen Leidens insbesondere bei vulnerablen Gruppen. Neben den klassischen Themen wie geschlechtliche Identitätsfindung und Coming-out haben wir vermehrt auch Anfragen zu Einsamkeit, dem Gefühl des Abgehängtseins sowie Angst, Stress und Depressionen.“
Anstieg bei Depressionen
Dazu kommt, dass die Wartezeiten für Therapeuten immer länger werden und die Kompetenz für LGBTI*-Jugendliche überdies noch nicht flächendeckend gegeben sei. Je nach Befragung leiden im Durchschnitt nach wie vor weit über 40 Prozent der LGBTI*-Jugendlichen an Depressionen oder psychischen Erkrankungen. Auch das bestätigte in diesem Jahr das Bundesamt für Statistik; so waren psychische Erkrankungen zuletzt die häufigste Ursache für Krankenhausbehandlungen von 10- bis 17-Jährigen in Deutschland.
Eines wird unmissverständlich klar – die Lage für LGBTI*-Jugendliche und junge Erwachsene in der Bundesrepublik ist ernst und es bedürfte einer gemeinsamen Anstrengung von Gesellschaft und Politik, die dramatische Situation nicht nur anzuerkennen, sondern auch vereint mehr Einsatz zu zeigen – die LGBTI*-Beratungsanbieter sind lebenswichtig, können das allein aber nicht schaffen.
Hier gibt es Hilfe
Die Berichterstattung über Suizid und Depressionen ist ein überaus sensibles Thema. Wir möchten es in KEINSTER Weise glorifizieren oder romantisieren. Viele Menschen die durch Suizid sterben, leiden an einer psychischen Erkrankung. Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.
Mit Beratung steht dir auch der Coming Out Verein via Messenger oder E-Mail unter www.coming-out-day.de zur Seite. Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de