World Pride ohne Besucher? Queere Menschen sagen ihre Teilnahme ab aus Furcht vor Repressalien in den USA
In wenigen Tagen startet Mitte Mai der World Pride in Washington DC unter dem Motto „Freedom To Be Me” – wie sehr man in den USA derzeit unter der Trump-Regierung als LGBTIQ+-Mensch tatsächlich noch man selbst sein darf, wird seit Wochen heftig diskutiert. Gerade queere Personen stehen dabei im Zentrum der Angriffe. Eines scheint bereits jetzt klar: Für neue Besucherrekorde dürfte der Jubiläums-Pride, der gleichzeitig auch der 50. Jahrestag der Pride-Feierlichkeiten in Washington DC ist, wahrscheinlich nicht sorgen – immer mehr internationale Teilnehmer haben in den letzten Wochen abgesagt.
Reisewarnung für die USA
Besonders in Australien scheinen viele queere Menschen beschlossen zu haben, in diesem Jahr nicht beim World Pride mit dabei zu sein, zu groß scheint laut dem britischen Guardian die Angst davor zu sein, im Land der einstmals Mutigen und Freien diskriminiert zu werden. Zudem gibt es große Bedenken, dass vor allem queeren Menschen an der US-Grenze die Einreise verweigert wird.
Die größte LGBTIQ+-Organisation in Down Under, Equality Australia, hat inzwischen überdies eine offizielle Reisewarnung ausgesprochen, nachdem immer mehr Fälle bekannt geworden sind, bei denen LGBTIQ+-Menschen die Einreise verweigert wurde. Andere berichteten sogar von „Misshandlungen durch Zoll- und Grenzbeamte“. Die Rechtsberaterin von Equality Australia, Heather Corkhill, betonte, man solle als queerer Mensch „sorgfältig nachdenken“, bevor man wirklich zum World Pride reisen will.
Angst vor Festnahmen
Gegenüber dem Guardian haben zahlreiche LGBTIQ+-Menschen inzwischen bestätigt, ihre Reise storniert zu haben, darunter beispielsweise der Doktorand Mik Bartels von der Universität Canberra: „In Anbetracht meines erkennbar queeren Aussehens, meines akademischen Profils, das sich auf LGBTIQ+-Diskriminierung konzentriert, und meiner Online-Präsenz, in der ich mich offen queer zeige, war ich nicht zuversichtlich, dass ich in die USA einreisen könnte, ohne festgenommen zu werden. Mir war klar, dass die Möglichkeit, inhaftiert zu werden, sehr real war. Ich habe die Zusage nicht leichtfertig zurückgezogen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich das zu meiner eigenen Sicherheit tun musste.“ So oder so ähnlich argumentierten offenbar immer mehr queere Menschen. Dazu kommen Ängste vor alltäglichen Problemen wie beispielsweise der mögliche negative Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren in Hotels bis hin zu Bedenken über die steigenden Fälle von Hasskriminalität gegen die Community.
Bartels hätte auch an der Menschenrechtskonferenz teilgenommen und erklärte dazu weiter: „Wenn man einen großen Teil seines Lebens damit verbringt, das Selbstvertrauen aufzubauen, um sich einen Raum für sich selbst zu schaffen, ist das eine lebenslange Reise. Gelegenheiten, diese Reise zu feiern und meine Beziehung mit Stolz zu zeigen, sind selten, so dass es sich wie ein Tritt in den Hintern anfühlt, wenn einem das genommen wird. Die Ironie, dass ich nicht an einer Menschenrechtskonferenz teilnehmen kann, weil ich möglicherweise keine Menschenrechte in den USA habe, ist mir nicht entgangen.“
Hoffnung auf viele Besucher
Eigentlich erwartet die Stadt Zehntausende von ausländischen Pride-Touristen, die für die Parade und im Rahmen der Pride-Wochen bis Anfang Juni zu den zahlreichen Konzerten, Veranstaltungen, Straßenfesten und zur Menschenrechtskonferenz anreisen werden – wie viele davon wirklich kommen, ist fraglich. Beim World Pride 2023 in Sydney waren mehr als eine Million Menschen dabei, rund 100.000 davon waren Touristen. Die Stadt nahm deswegen rund 230 Millionen US-Dollar ein. So könnte der Pride in Washington nicht nur einen Image-Schaden erleiden, sondern auch finanzielle Einbußen erleben.
Elliott Ferguson, Präsident und CEO von Washington DCs offiziellem Tourismusverband Destination DC, hofft weiterhin auf viele Millionen Besucher zum World Pride und erklärte: „Unsere Botschaft lautet: Ihr seid hier sicher und willkommen. Die Anliegen der Gemeinschaft sind genau der Grund, warum World Pride so wichtig ist. Washington DC ist ein Ort, an dem man sich für seine Anliegen einsetzen und sich Gehör verschaffen kann.“