Streit um Twitter In den USA und Deutschland wird über die Zukunft des Nachrichtendienstes gestritten – mittendrin auch die LGBTI*-Community!
Sowohl in Deutschland wie auch den USA artet der Streit rund um Twitter immer weiter aus – die Kernfrage, die dabei im Raum steht, ist, ob seit der Übernahme des Kurznachrichtendienstes durch Elon Musk die Redefreiheit zu mehr Demokratie in Debatten führt oder dadurch doch nur vermehrt Fake-News-Produzenten Vorschub geleistet wird. Eine Diskussion, die gerade auch in der LGBTI*-Community online immer stärker ins Zentrum rückt.
Redefreiheit versus Hass-Kommentare
Vor der Übernahme des Milliardärs wurden viele kritische Accounts oder Tweets rund um die LGBTI*-Community und umstrittenen Themen wie das Selbstbestimmungsgesetz sehr schnell blockiert oder gelöscht – aus Sicht der Kritiker oftmals viel zu schnell und unbedacht, ohne dass die Nachrichten selbst gegen geltende Rechte verstoßen hätten. Viele der gesperrten Tweets wurden nach manchmal langwierigen juristischen Streitigkeiten wieder freigeschaltet.
Befürworter dieser früheren Vorgehensweise von Twitter führen an, dass dadurch viele Hass-Kommentare frühzeitig eingeschränkt worden wären. Seit der Übernahme von Musk wird auch kritischen Stimmen zu Gesetzesvorhaben wie dem Selbstbestimmungsgesetz sowohl in Deutschland wie aber auch in anderen Ländern mehr Redefreiheit zugestanden – aus Sicht von Elon Musk, um die Demokratie und die Debattenkultur zu fördern. Queeren Aktivisten hingegen gefällt dies nicht, sie befürchten mehr Hetze beispielsweise gegen Trans-Personen.
Bigott oder nur queer-kritisch?
In den USA befassen sich in diesen Tagen die Mitglieder des sogenannten Oversight Committees mit Twitter – bereits in der ersten Anhörung kam es diese Woche zwischen Demokraten und Republikanern zu massiven Streitigkeiten, während sie einen ranghohen ehemaligen Führungsmitarbeiter von Twitter befragten. Grundsätzlich geht es auch in dem Komitee um die Frage, nach welchen inhaltlichen Richtlinien Social-Media-Unternehmen Nachrichten sperren oder löschen.
In einem heftigen Schlagabtausch versuchten so, mehrere Demokraten im Ausschuss die online ausgelebte “Anti-LGBTI*-Bigotterie“ der Republikaner darzulegen und die Partei insgesamt als realitätsfremd darzustellen. Republikanische Abgeordnete legten hingegen dar, wie links-kritische oder auch queer-kritische Berichte bei Twitter früher oftmals unterdrückt und allesamt vorschnell als politisch rechte Positionen gebrandmarkt worden seien. Zu einem Kompromiss in dieser Frage gelangte der Ausschuss bisher nicht.
ZDF plant Twitter-Alternative
In Deutschland schaltet sich in die Debatte derweil jetzt das ZDF ein – vor der Übernahme von Musk war der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt die weniger oder mehr ausgelebte Debattenfreiheit auf Twitter offensichtlich egal, jetzt plant die TV-Anstalt zusammen mit drei weiteren staatlichen Medienanbietern aus der Schweiz, Belgien und Kanada, eine Twitter-Alternative auf den Markt zu bringen. Aktuell läuft das Projekt unter dem Namen “Public Spaces Incubator“, konkrete Einzelheiten sind bisher kaum bekannt. Das Projekt soll allerdings kostenfrei sein, kommerzielle Aspekte würden keine Rolle spielen. Stattdessen ginge es darum, online-basierte Lösungen zu entwickeln, um „bürgerliches Engagement und den demokratischen Diskurs im digitalen Raum abseits von Hasskommentaren und zunehmender Desinformation zu ermöglichen.“
ZDF-Intendant Norbert Himmler betonte, man wolle „unabhängige und faktenbasierte Kommunikationsräume in der digitalen Welt“ aufbauen. Ziel sei es, diese digitale Welt nicht mehr nur US-amerikanischen Unternehmen und Plattformen zu überlassen. Maßgeblich unterstützt werden die vier Rundfunkhäuser dabei von der Organisation New_Public, einem Zusammenschluss der US-Organisation NCoC aus Washington, DC, die seit 1953 vom US-Kongress unterstützt wird, und der Medienabteilung der Universität von Texas in Austin. Damit dürfte dem ZDF sicherlich problemlos der Aufbau einer neuen digitalen Plattform ohne amerikanische Einflussnahme wie gewünscht gelingen.