Streit um eine Weihnachtsfeier Ist die Teilnahme einer LGBTI*-Gruppe an einer US-Weihnachts-Parade familienfeindlich?
Weihnachtsparaden in den USA sind zumeist eine wunderschöne, zutiefst kitschige, aber eben doch herrliche Angelegenheit – festlich geschmückte Wagen ziehen durch die Hauptstraße an den jubelnden Menschen vorbei, feiern das baldige Fest und den Weihnachtsmann. Ganz so fröhlich wurde es in diesem Jahr in Alabama allerdings nicht – Stein des Anstoßes war dabei eine kleine LGBTI*-Gruppe.
Eine LGBTI*-Gruppe an Weihnachten
Die Prattville Pride war die erste lokale Gruppe, die dieses Jahr eine Gebühr für die Teilnahme an der jährlichen Weihnachtsparade der Stadt Prattville entrichtet hat. Von der Stadt gab es kurz darauf auch die Zusage. Die queere Vereinigung bestätigte sogar schriftlich, sich an alle Regeln der Parade zu halten.
Soweit so gut – bis die Anti-LGBTI*-Organisation Clean Up Alabama dazwischenfunkte. Sie verschickte unaufgefordert E-Mails und behauptete, die queere Lokalgruppe werde mit Drag-Queens aufwarten, „unzüchtige und anstößige“ Darstellungen zeigen und somit gegen die „familienfreundlichen“ Richtlinien der Parade verstoßen. Nichts davon plante Prattville Pride, doch der Schaden war angerichtet.
Massive Sorge um die Sicherheit
Schnell radikalisierte sich die Debatte und die Drohungen gegen die Kleinstadt mit knapp 40.000 Einwohnern und gegen die Parade wurden immer gewalttätiger, bis Bürgermeister Bill Gillespie die Prattville Pride von der Weihnachtsparade schlussendlich doch ausschloss. Der Grund waren massive Sicherheitsbedenken.
„Die Stadt wird die Rechte der Parade-Teilnehmer nicht über die Sicherheit ihrer Bürger stellen. Diese Entscheidung wurde nach sorgfältiger Überlegung und Abwägung zwischen den Rechten der Teilnehmer der Parade und der allgemeinen Sicherheit aller Beteiligten getroffen. Die Stadt wird immer die Freiheiten und das Recht auf Meinungsäußerung respektieren. Allerdings muss sie, wie in diesem Fall, die allgemeine Sicherheit ihrer Bürger an erste Stelle setzen“, so die Stadtverwaltung.
Klage vor dem Bundesgericht
Das wiederum wollte das Team von Prattville Pride nicht hinnehmen und hatte daraufhin beim Bundesgericht des US-Bundesstaates eine einstweilige Verfügung beantragt – und der Richter gab der queeren Gruppe recht, sodass sie schlussendlich doch noch teilnehmen durfte.
US-Bezirksrichter R. Austin Huffaker erklärte in seiner Verfügung: „Die Stadt hat kein Argument vorgebracht oder Beweise dafür geliefert, dass Prattville Pride irgendeine Äußerung oder ein Verhalten an den Tag legen will, das auch nur im Entferntesten in eine Kategorie ungeschützter Äußerungen fallen würde. Es ist unbestritten, dass Prattville Pride sich an die städtischen Vorschriften gehalten hat. Die Stadt hat Prattville Pride von der Parade ausgeschlossen, weil sie der Meinung war, dass bestimmte Mitglieder der Öffentlichkeit, die Prattville Pride und das, wofür es steht, ablehnen, störend reagieren würden. Aber eine Diskriminierung aufgrund des Inhalts einer Botschaft kann nicht unter dem Ersten Verfassungszusatz toleriert werden.“
Die Freude beim Team von Prattville Pride war daraufhin groß: „Während wir diesen wichtigen Schritt nach vorn feiern, müssen wir auch die Herausforderungen und die hasserfüllte Rhetorik anerkennen, die während dieses Prozesses gegen unsere Organisation und die LGBTI*-Community gerichtet wurden. Eine solche Negativität kann eine tiefgreifende und schädliche Wirkung auf LGBTI*-Personen haben, insbesondere auf Jugendliche, die oft einem erhöhten Risiko von Isolation, psychischen Problemen und Ablehnung ausgesetzt sind.“ Die Parade fand somit wie anfangs geplant statt – zu gewalttätigen Ausschreitungen ist es nicht gekommen. Ob der Weihnachtsmann dieses Jahr allerdings auch bei den Mitgliedern von Clean Up Alabama vorbeischauen wird, bleibt offen.