Selbstbestimmung in Spanien Weitere neue Richtlinien sollen zudem die LGBTI*-Community stärken
Mit einer knappen Mehrheit hat der spanische Kongress final am Donnerstag das neue Selbstbestimmungsgesetz beschlossen – 191 Abgeordnete votierten dafür, 151 enthielten sich oder waren dagegen. Dem Gesetz waren heftige Debatten sowohl in der Gesellschaft sowie auch in der Politik vorausgegangen. Mit dem neuen Gesetz ist ein Namens- und Geschlechtswechsel auch als Kind bereits möglich. Vor dem 12. Lebensjahr dürfen Kinder künftig bereits ihren Namen ihrem gefühlten Geschlecht anpassen, Schulen und Lehrer sind verpflichtet, darauf einzugehen. Ab dem 12. Lebensjahr darf die juristische Geschlechtsänderung auch in allen offiziellen Dokumenten erfolgen, zunächst noch unter Einbindung des Familiengerichts oder der Eltern, ab dem 16. Lebensjahr vollkommen eigenständig.
Verhärtete Fronten bleiben bestehen
Das neue Gesetz dürfte die verhärteten Fronten wohl auch weiterhin nicht befrieden, immer wieder hatten auch hunderte Ärzte sowie die Spanische Gesellschaft für Psychiatrie oder die Madrider Ärztekammer davor gewarnt. Auch während der Verabschiedung gestern im Kongress war es zu Demonstrationen vor dem Gebäude in Madrid gekommen. Besonders in der Kritik steht dabei, dass bisherige medizinische oder psychologische Abklärungen gänzlich entfallen, auch eine fachliche Diagnose einer Geschlechtsdysphorie ist nicht mehr nötig. Das neue Gesetz könne auch eine unreflektierte, geschlechtsangleichende Behandlung von Kindern massiv vorantreiben, so die Befürchtungen.
Die Trans-Community indes spricht von einem Befreiungsschlag für Trans-Menschen. Spaniens Gleichstellungsministerin Irene Montero von der Linkspartei hatte das Gesetz im Eilverfahren durch alle staatlichen Instanzen gebracht, teilweise vorbei an drei Beratungsgremien, die ansonsten normalerweise in solchen Fällen ihre Stellungnahmen abgeben. Moreno feiert das neue Gesetz und spricht von einem der “wichtigsten Gesetze dieser Legislaturperiode“. Mit dem finalen Beschluss wolle sie sich dafür einsetzen, dass das Gesetz zeitnah in allen Teilen Spaniens auch angewandt wird.
Weitere Maßnahmen für LGBTI*-Menschen
Nebst einem neuen Selbstbestimmungsgesetz will das beschlossene Gesetzespaket auch Veränderungen in anderen Aspekten für die LGBTI*-Community erzielen. Mit dabei ist auch ein landesweites Verbot von Konversionstherapien – erst diese Woche hatte die Menschenrechtskommissarin des Europarates ein Verbot dieser unseriösen “Homo-Heilungen“ für alle EU-Mitgliedsstaaten gefordert.
Ein weiterer jetzt beschlossener Punkt in Spanien ist ein neues Antidiskriminierungskonzept, dass künftig größere Unternehmen verpflichtend erstellen müssen – Firmen, die die LGBTI*-Community nicht unterstützen, darf der Staat künftig nicht mehr finanziell bedenken. Zudem sollen nebst lesbischen Frauen künftig auch alle queeren Personen Zugang zur künstlichen Befruchtung erhalten und LGBTI*-Ausländer sollen ebenso mehr Rechte in Spanien erhalten.