Schwule Veteranen in England Homosexuelle Veteranen verweigern besondere Ehrung, bis Großbritannien endlich finanziell Abbitte leistet
Seit einem guten Jahr arbeitet Großbritannien offen und ehrlich die unrühmliche Vergangenheit von homosexuellen Angehörigen der Streitkräfte auf – tausende Schwule und Lesben hatten seit den 1960er Jahren nur aufgrund ihrer Homosexualität den Job verloren und waren teilweise unehrenhaft entlassen worden, viele Karrieren wurden rar beendet. Homosexualität wurde 1967 im Vereinigten Königreich entkriminalisiert, aber in den Streitkräften bliebt es bis ins Jahr 2000 weiterhin illegal, schwul oder lesbisch zu sein.
Sind die Entschädigungszahlungen ausreichend?
2023 hatte sich der damalige Premierminister Rishi Sunak erstmals offiziell im Namen der britischen Regierung dafür entschuldigt, in der Diskussion ist seitdem auch, den noch lebenden betroffenen Veteranen eine Entschädigungszahlung zukommen zu lassen.
Dem war ein ausführlicher Untersuchungsbericht des ersten offen schwulen Richters Großbritanniens, Lord Etherton, vorausgegangen, inklusive der Empfehlung, an die verbleibenden etwa 4.000 homosexuellen Veteranen eine Entschädigung von insgesamt 50 Millionen britische Pfund auszubezahlen, also etwa 12.500 Pfund pro Person. Für viele Veteranen ist das zu wenig Geld für ein ganzes Leben als verurteilter Sexualstraftäter.
Die unabhängige Untersuchung und Befragung von 1.145 Veteranen begann im Jahr 2022 und enthielt schockierende Berichte über Homophobie, Mobbing, Erpressung, sexuelle Übergriffe sowie auch schändliche medizinische Untersuchungen und Konversionstherapien. Seit diesem Jahr laufen nun auch mit Nachdruck die Arbeiten an der ersten Gedenkstätte des Vereinigten Königreichs für lesbische, schwule und bisexuelle Angehörige der Streitkräfte.
Veteranen protestieren gegen Ehrung
Als ein weiterer Schritt der Widergutmachung sollten in dieser Woche nun Vertreter der Armee, der Königlichen Marine sowie der Königlichen Luftwaffe bei einer Zeremonie in Westminster mit einem besonderen Abzeichen geehrt werden – diese lehnten die Anstecknadeln aber vorerst ab und erklärten gegenüber Verteidigungsminister John Healey, sie werden diese erst dann tragen, wenn endlich auch die angedachten Entschädigungszahlungen geleistet worden seien. Die Hoffnung ist groß, dass die Gelder bis zum 25. Jahrestag der Aufhebung des Verbots Mitte Januar 2025 ausgezahlt werden.
Ein Leben als Sexualstraftäter
Gegenüber der BBC erklärte der schwule ehemalige Soldat Stephen Close (62) aus Salford: „Die Auszeichnung als Symbol unseres Kampfes ist ein bisschen verfrüht, denn der Kampf ist noch nicht vorbei. Nach meinem Ausscheiden aus der Armee war ich ein gebrochener Mann. Erst als ich ins zivile Leben zurückkehrte und nach Arbeit suchte, begriff ich vollends, dass ich wegen eines Sexualdelikts verurteilt worden war. Ich konnte deswegen überhaupt keinen Job bekommen. Ich wurde im Alter von 20 Jahren verurteilt. Bis zu meinem 50. Lebensjahr hatte ich eine strafrechtliche Verurteilung. Ich war nicht in der Lage, etwas zu sparen, ich habe keine Rente, keine Ersparnisse, ich war noch nie im Urlaub. Jetzt stehe ich kurz vor meiner Pensionierung und habe nichts mehr. Und die Regierung will mir dafür bestenfalls 12.500 Pfund anbieten. Damit könnte ich nicht einmal meine offenen Kreditkartenrechnungen bezahlen.“
Nachdem Offiziere herausgefunden hatten, dass Close einen anderen Mann geküsst hatte, während er in den 1980er Jahren in Berlin stationiert war, sperrte man ihn ins Militärgefängnis, verhörte ihn immer wieder und führte an ihm „erniedrigende und entwürdigende medizinische Untersuchungen“ durch. Schlussendlich wurde Close mit 20 Jahren wegen eines schwulen Kusses zu vier Monaten Militärgefängnis verurteilt und anschließend aufgrund „grober Unanständigkeit“ und eines „Sexualdelikts“ unehrenhaft aus der Armee entlassen.