Schwule Muslime?! Die Macht der sozialen Medien verbesserte auch die Situation von queeren Muslimen
Erst vor wenigen Tagen öffnete im Juli das neue LGBTI*-Museum Queer Britain in London seine Tore und sorgt bereits jetzt mit seiner Eröffnungsausstellung “We Are Queer Britain“ für reichlich Gesprächsstoff. Hintergrund sind einige muslimische Artefakte der weltweit ältesten muslimischen LGBTI*-Organisation, Imaan (Gründungsjahr 1999) – drei Ausstellungstücke stehen dabei im Zentrum der Diskussionen: ein Regenbogen-Khimar-Hijab, eine südasiatische Shalwar-Khameez in Tarnfarben und eine palästinensische Keffiyeh. Alle drei Kleidungsstücke wurden von Mitgliedern von Imaan bei der London Pride 2005 getragen.
Gegenüber PinkNews erklärte einer der Mitbegründer von Imaan, Faizan, dass sich in den vergangenen rund zwanzig Jahren viel Positives entwickelt habe und erinnert dabei an die Anfänge der muslimischen LGBTI*-Gruppe, die damals noch im Geheimen durchgeführt wurde: „Sie schickten die Bereitschaftspolizei zu der Veranstaltung, weil wir gewalttätige Drohungen erhalten hatten und die Leute sagten, sie würden Ziegelsteine durch das Fenster werfen. Es war sehr gefährlich für uns, und nur sehr wenige von uns wollten in irgendeiner Form sichtbar sein. Das änderte sich durch zwei Dinge: erstens durch die Zunahme der Zahl queerer muslimischer Asylbewerber und zweitens durch die sozialen Medien.“ Auch wenn die Ausstellungsartefakte aktuell immer wieder zu Diskussionen und auch Anfeindungen führen, habe sich die Situation aus Sicht von Faizan in Großbritannien insgesamt deutlich verbessert: „Vor zwanzig Jahren war unsere Situation in mancher Hinsicht völlig anders als die der Menschen, die sich heute outen. Wir waren zwangsläufig im Verborgenen, haben uns nicht öffentlich geoutet, und es gab nicht viele Menschen, die sich gerne in der Öffentlichkeit zeigten. Ohne die sozialen Medien gab es viel weniger Möglichkeiten, über unser Leben, unsere Geschichte, unsere Erlebnisse und Herausforderungen zu sprechen. Der Grund, warum ich mich überhaupt für Imaan engagiere, ist, anderen Menschen zu helfen.“
Dabei zeigten sich durchaus auch innerhalb der queeren muslimischen Gruppe in Großbritannien einige Unterschiede. Die, im Vereinigten Königreich geborenen Muslime verhalten sich zumeist ruhig und angepasst, ganz im Gegensatz zu jenen, die aufgrund von Unterdrückung und Anfeindungen aus ihrem homophoben Heimatland nach Großbritannien geflüchtet sind. Für diese sei es ein inneres dringendes Bedürfnis, der Welt zu zeigen, dass sie homosexuell oder queer sind. Erstmals für einen medialen Paukenschlag hatte der muslimische Verein beim Pride 2005 in London gesorgt, als sie in Gewändern mit muslimischen Symbolen und der Regenbogenflagge in Erscheinung traten. „Viele in Großbritannien haben da zum ersten Mal von queeren Muslimen gehört. Aus historischer und politischer britischer Sicht ist es also wirklich wichtig. Es ist wirklich wichtig für unsere Gemeinschaft, als LGBTI*-muslimische Community, zu sagen, dass ihr mit dieser Herausforderung, der ihr gegenübersteht, keineswegs allein seid. Es gibt viele von uns und wir sind schon sehr lange dabei.“ Immer wieder kommt es allerdings nicht nur in London, sondern auch anderenorts zu Anfeindungen, zumeist begründet mit dem islamischen Glauben und den Schriften des Korans. Zuletzt erlebten die Verantwortlichen der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin massive Anfeindungen und Morddrohungen, nachdem sie im Juli als Zeichen gegen LGBTI*-Hass zu Beginn des Berliner Pride-Monats eine große Regenbogenflagge an der Moschee angebracht hatten. Die Moschee vertritt den sogenannten progressiven Islam und setzt sich seit Jahren für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie für die Akzeptanz der LGBTI*-Community ein.