Russland macht ernst Justizministerium überwacht 40 LGBTI*-Organisationen und 280 Aktivisten
In November letzten Jahres erklärte die russische Regierung die LGBTI*-Bewegung als extremistisch – Anfang Januar trat das entsprechende Gesetz offiziell in Kraft. Nun kam es zu einer ersten Anklage.
Regenbogenfahne führt zur Anklage
Nach dem Inkrafttreten war in diesen Tagen immer wieder darüber spekuliert worden, ob das neue Gesetz sich maßgeblich „nur“ gegen Organisationen oder eben auch gegen Einzelpersonen richten kann, der Gesetzestext dazu lässt Raum für individuelle Auslegungen – die Befürchtungen haben sich nun mit der ersten Anklage bewahrheitet. Vor Gericht verantworten muss sich eine lesbische Frau aus der Region Saratow, die in den sozialen Medien eine Regenbogenfahne gepostet hatte.
Vier Jahre Gefängnis wegen Posting?
Bei einer Verurteilung droht ihr eine geringe Geldstrafe oder eine Haftstrafe von bis zu 15 Tagen. Können ihr allerdings wiederholt „LGBTI*-Vergehen“ nachgewiesen werden, kann die Frau bis zu vier Jahre ins Gefängnis kommen. Egal, wie das Urteil letztendlich ausgeht, bereits jetzt ist klar, dass alle Homosexuellen und queeren Menschen nun Ziel von Angriffen werden können – zusammen mit dem bereits verschärften Anti-Homosexuellen-Gesetz spitzt sich so die Lage auf dramatische Weise in Russland weiter zu.
Überwachung von LGBTI*-Organisationen
Kurz nach Bekanntgabe des neuen „Extremismus-Gesetzes“ hatte es keine 48 Stunden gedauert, bis in Moskau Ende letzten Jahres in den ersten Gay Clubs Razzien stattgefunden hatten, bei der die Namen aller Gäste festgehalten worden sind. Dabei soll es auch zu kurzzeitigen Verhaftungen gekommen sein.
Seitdem kommt es immer wieder zu Razzien bei diversen LGBTI*-Treffpunkten, auch in anderen Städten. Das russische Justizministerium hat dabei unlängst erklärt, rund vierzig LGBTI*-Organisationen aktuell zu überwachen. Zudem sollen rund 280 LGBTI*-Aktivisten in Russland ebenso unter Beobachtung stehen.
Schweigen der Bundesregierung
Mehrere Verbände, darunter der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) sowie ILGA Europe, forderten Anfang Januar dieses Jahres daraufhin eindringlich die Bundesregierung, namentlich Außenministerin Annalena Baerbock sowie Innenministerin Nancy Faeser, dazu auf, sofort zu handeln und besonders schutzbedürftige LGBTI*-Menschen aus Russland aufzunehmen.
Das neue Gesetz sei eine „willkürliche staatliche Verfolgung sowie eine menschenrechtliche Bankrotterklärung“. Weder Baerbock noch Faeser noch die Bundesregierung selbst nahmen dazu bisher Stellung.