Psychische Erkrankungen Erneuter Anstieg von stationären Behandlungen bei Jugendlichen - besonders betroffen sind LGBTI*s
LGBTI*-Beratungseinrichtungen wie der Coming Out Day Verein, anyway oder auch Lambda sind sich einig darin, dass Depressionen und Angstzustände gerade bei jungen LGBTI*-Menschen in den letzten Jahren massiv zugenommen haben. Untermauert wird diese Einschätzung immer wieder von mehreren Studien der letzten Jahren – Covid wirkte dabei wie ein Brandbeschleuniger, doch auch nach dem Ende der Pandemie bleibt die Situation kritisch. Die neusten Zahlen des Bundesamtes für Statistik belegen nun ebenso erneut, wie schlecht es um die Jugend bestellt ist.
81.000 Jugendliche in der Klinik
Demnach stellten psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen im Jahr 2022 nach Verletzungen und Vergiftungen die zweithäufigste Ursache für stationäre Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen dar. Gut 81.000 der rund 436.000 Krankenhauspatienten im Alter von 10 bis 17 Jahren wurden aufgrund von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen stationär behandelt. Jeder fünfte Heranwachsende (19%) ist also aufgrund psychischer Probleme im Krankenhaus. Rund 22 Prozent dieser Jugendlichen (Gen-Z) definieren sich inzwischen als LGBTI* (Ipsos Studie 2024).
„Insgesamt werden seit einigen Jahren anteilig immer mehr Kinder und Jugendliche wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen stationär behandelt“, so das Fazit des Statistischen Bundesamtes in Deutschland. Im Jahr 2012 wurden „nur“ 13 Prozent der jungen Klinikpatienten aufgrund von psychischen Erkrankungen stationär behandelt.
Depression bleibt Spitzenreiter
Die häufigste Diagnose dabei ist ganz klar die Depression, über 22.600 Jugendliche kamen deswegen im Jahr 2022 in Deutschland in eine Klinik. Dazu kommen Verhaltensstörungen, die durch Alkohol bedingt oder verstärkt wurden – davon betroffen waren rund 8.800 Jugendliche. Es stellt damit die zweithäufigste Diagnose dar.
Weitere psychische Erkrankungen sind Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen. Diese können durch das Eintreten von „außergewöhnlich belastenden Lebensereignissen“ hervorgerufen werden oder durch „besondere Veränderungen im Leben“, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation führen – ein Paradebeispiel dafür ist das selbst- oder fremdbestimmte Coming Out sowie Mobbingerfahrungen aufgrund der sexuellen Orientierung in der Schule.
Negativtrend hält an
Der grundsätzliche Negativtrend setzt sich damit weiter fort – erst im Juni zeigte eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung auf, dass vor allem junge Menschen im Alter zwischen 19 und 22 Jahren auch besonders von Einsamkeit betroffen sind. Rund 35 Prozent fühlen sich dabei „moderat einsam“, elf Prozent sind „stark einsam“. Dazu kommt in der gesamten Altersgruppe von 16 bis 30 Jahren eine mäßige Lebenszufriedenheit.
Auch Laut Sven Norenkemper vom Coming Out Day Beratungsverein befinden sich die LGBTI*-Jugendlichen nach wie vor im dauerhaften Krisenmodus: „Queere Jugendliche sind oft mit mehreren Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert. Einerseits gibt es die allgemeine Unsicherheit und Identitätssuche, die alle Jugendlichen durchmachen. Andererseits müssen LGBTI*-Jugendliche zusätzlich mit Diskriminierung, Ablehnung und manchmal auch Gewalt umgehen. Diese Mehrfachbelastung kann dazu führen, dass sie sich isoliert fühlen, defacto es auch nicht selten sind. Ein weiterer Faktor ist das Fehlen von Vorbildern und sicheren Räumen, in denen sie sich frei und akzeptiert fühlen können. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist an vielen Stellen zwar gestiegen, aber in vielen anderen Bereichen nehmen Vorurteile und Ausgrenzung erschreckenderweise wieder stark zu.“
Hier gibt es Hilfe
Die Berichterstattung über Depressionen und psychische Erkrankungen ist ein überaus sensibles Thema. Wenn es dir nicht gut geht, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.
Mit Beratung steht dir auch der Coming Out Verein via Messenger oder E-Mail unter www.coming-out-day.de zur Seite. Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de