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Märchenstunde beim Papst

Märchenstunde beim Papst Papst wendet sich jetzt auch scheinbar Trans-Menschen zu.

ms - 26.07.2023 - 10:30 Uhr
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Ein Kommentar von Michael Schmucker

Er kann es nicht lassen – Papst Franziskus liebt einfach seine Märchenstunden, wenn er sich alle paar Monate an Homosexuelle oder die LGBTI*-Community allgemein richtet und ihnen erklärt, sie seien zwar des Teufels, aber man müsse sie trotzdem ganz doll liebhaben – sinngemäß. Seine Taten indes sprechen eine andere Sprache, blickt man beispielsweise auf die Reformpläne in Deutschland, angeführt vom Synodalen Weg: Segnungen von Homosexuellen ab spätestens 2026, neue Gespräche über die veraltete Sexualmoral und LGBTI*-Menschen ganz offiziell im Kirchendienst.

Homosexuelle? Irgendwie auch Menschen, oder?

Es ist fürwahr nicht die große Reform, die einstmals angedacht war, doch es sind mutige erste Schritte, die eine Mehrheit der deutschen Bischöfe bis heute gehen will – gestoppt werden sie dabei allerdings immer wieder von dem Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.

Die verbalen Angriffe direkt von Franziskus aber auch seinen geistlichen Gesandten nehmen dabei seit Monaten an Schärfe zu, von absolutem Gehorsam ist da die Rede und dem Befehl, mit den Reformideen sofort aufzuhören. Homosexuelle als gleichberechtigt offiziell anzuerkennen? Das geht ja nun wirklich zu weit; lasst sie uns weiter besänftigen und ihnen erklären, sie sind irgendwie ja auch Menschen. Das muss ja jetzt auch reichen, oder?

Die verrückte Liebe Gottes

Nun hat der liebe Franzi in Vatikanstadt eine neue Gruppe im LGBTI*-Regenbogen gefunden, denen er erklären möchte, wie lieb er sie hat – junge Trans-Personen. In einem Podcast-Interview im Vorfeld eines katholischen Jugendfestivals (irgendwo muss das Frischfleisch, nein, Entschuldigung, der Nachwuchs für die Priester natürlich, herkommen) erklärte eine junge italienische Trans-Frau namens Giona, sie sei zerrissen zwischen ihrem Glauben und ihrer Trans-Identität. Die Antwort des Oberhirten: „Der Herr geht immer mit uns... Selbst wenn wir Sünder sind, nähert er sich uns, um uns zu helfen. Der Herr liebt uns so, wie wir sind, das ist die verrückte Liebe Gottes.“

Gott liebt auch Trans-Menschen – als Sünder natürlich!

Wollen wir die Aussage einen Augenblick auf uns wirken lassen? Während die kirchlichen Pressevasallen die Aussage bereits als große Hinwendung des Papstes an die LGBTI*-Community feiern, ein Zeichen von Respekt, Mitgefühl und Sensibilität, bleibt beim denkenden LGBTI*-Menschen doch ein großes Gefühl der Skepsis zurück.

Indirekt erklärt Franziskus ähnlich wie bei Homosexuellen auch die Transsexualität zur Sünde. Der liebe Gott liebt uns zwar trotzdem, aber nicht uneigennützig wie Eltern das beispielsweise oftmals tun, sondern im Grunde nur, um uns zu helfen. Wie könnte diese Hilfe denn für Homosexuelle oder Trans-Menschen aussehen? Klingt das nicht ein wenig nach einem direkten Wink zur nächsten Konversionstherapie?

Zum Schluss erklärt Franziskus dann noch, dass die Liebe Gottes verrückt sei, gerade wenn sie auf LGBTI*-Menschen fällt. Eine andere Interpretationsmöglichkeit wäre natürlich, dass der Papst Gott selbst für geisteskrank hält – doch wir wissen, solche Statements gegenüber dem Vorgesetzen kommen in der Regel nicht so gut an. Gut für den 86-jährigen Pontifex allerdings, dass er sozusagen unkündbar ist.

Taten statt Worten?

Im Oktober dieses Jahres sowie 2024 kann Franzi dann tatsächlich beweisen, wie es mit seinem Einsatz um LGBTI*-Menschen in der Realität bestellt ist, dann tagt der Weltgipfel der Bischöfe – Themen dabei sollen auch die Reformpläne aus Deutschland, Rechte für Homosexuelle und Frauen (auch so ein Teufelszeug, oder Franzi?) und die kirchliche „Liebe“ zu wiederverheirateten Menschen sein. Es ist vor Spannung kaum auszuhalten, welche inhaltsleeren Märchensprüche der Oberhirte dann ins Mikrofon säuseln wird.

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