Lügenbaron Santos Lügen, Betrug, sexueller Missbrauch – und jetzt eine Wiederwahl?
Kommentar
Bei manchen Meldungen blickt man unwillkürlich zuerst auf den Kalender, um sich davon zu überzeugen, dass nicht doch der erste April ist und die gesamte Nachricht infolgedessen nicht mehr als ein Scherz war – umso mehr trifft es einen allerdings dann, wenn man nach und nach versteht, dass es sich nicht um einen Witz handelt. So gesehen im Fall des schwulen republikanischen Abgeordneten George Santos aus New York – dieser gab nun bekannt, dass er sich tatsächlich 2024 zur Wiederwahl stellt.
Ein buntes Potpourri an Lügen
Santos, das ist jener Abgeordnete und einstige Vorzeige-Republikaner, der trotz seiner eigenen Homosexualität gerne gegen die Rechte von Schwulen und Lesben wetterte, Mitarbeiter sexuell belästigt haben soll und offenbar so ziemlich in allen Punkten seines Lebenslaufes komplett gelogen hat. Auch von seiner beruflichen Karriere und großen Erfolgen an der Wall Street weiß abgesehen von Santos selbst wohl niemand etwas. Wenn es passend war, gab er sich fälschlicherweise auch gerne als Jude aus oder erklärte, dass er Angestellte bei der Schießerei im Nachtclub Pulse in Orlando verloren habe – auch das, man ahnt es, ist reinste Fiktion. Als Sahnehäubchen oben drauf kommen noch Vorwürfe von Hinterziehung von Spendengeldern, weswegen das FBI gegen Santos ermittelt.
Die Mär vom amerikanischen Traum
Auf all diese Tatsachen ging Santos allerdings nicht ein, er erzählte bei der Verkündung seiner erneuten Kandidatur jetzt einmal mehr die Mär vom armen Jungen aus einer Einwandererfamilie, der in Queens mit einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen sei und stets nur den amerikanischen Traum träumte. Und immerhin sei er doch auch der erste offen schwule Republikaner, das müsse sozusagen doch als Wahlgrund ausreichen. Zudem wolle er ja auch das „Land zurückerobern und New York wieder zu Größe verhelfen.“ Warum der Big Apple jüngst geschrumpft sein soll, ließ er unbeantwortet.
Die New Yorker wollen Santos nicht – aber wen interessiert das?
In seinem New Yorker Wahlbezirk indes stimmen rund 80 Prozent der Bürger der Forderung zu, dass er endlich zurücktreten solle. Auch das mag ihn natürlich nicht anfichten, denn wenn er etwas von seinem großen Vorbild Donald Trump gelernt hat, dann doch wohl, dass die Realität nur eine von vielen möglichen Varianten der Geschichte sein kann. Eines allerdings beweist Santos mit seiner Kandidatur zweifelsohne – in der amerikanischen Politik sind Wahnsinn und Machtgier variable Größen geworden. Bleibt nur die Frage offen, ob die Wähler ähnlich debil agieren wie ihre Volksvertreter – der Wahlabend wird es einmal mehr zeigen.