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Hohe Kosten // © paulaphoto
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Konversionstherapien kosten ein Vermögen Erstmals zeigt eine Studie die finanziellen Auswirkungen von „Homo-Heilungen“

ms - 08.03.2022 - 14:10 Uhr

Zahlreiche Studien haben in den vergangenen Jahren immer wieder belegt, wie schädlich und sinnlos Konversionstherapien sind – die sexuelle Einstellung eines Menschen lässt sich nicht „wegtherapieren“ oder „umpolen“. In immer mehr Ländern werden solche Angebote daher auch unter Strafandrohung verboten, zuletzt erließ Frankreich in Europa ein solches Verbot. In anderen Nachbarländern wie Österreich könnte noch in diesem Jahr eine ähnliche gesetzliche Regelung folgen. In Deutschland sind seit 2020 Konversionstherapien verboten, allerdings nur für Minderjährige. Andere Gesetze wie beispielsweise in Frankreich gehen da deutlich weiter.

Ein Aspekt, der bisher noch nicht beleuchtet wurde, ist neben den gesundheitlichen Schäden der betroffenen Opfer solcher „Therapien“ auch der wirtschaftliche und finanzielle Schaden, der als Folgekosten solcher Angebote entsteht. Die Bemühungen, die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität von LGBTI*-Personen zu ändern, sind dabei ein enormer Kostenfaktor, wie jetzt erstmals eine neue Studie aus den USA eindrucksvoll belegt.

Die Untersuchung wurde von der LGBTI*-Organisation The Trevor Project in Zusammenarbeit mit der Cytel, einer multinationalen Organisation für klinische Studien, erstellt. Das Ergebnis: Die USA kosten die Folgebehandlungen aufgrund der entstandenen psychischen und sonstigen Schäden von Konversionstherapien jedes Jahr fachlich geschätzt rund 9,3 Milliarden US-Dollar. Dabei betonen die Experten der Studie, dass diese Zahl eher konservativ geschätzt sei, sodass die tatsächlichen Kosten wahrscheinlich weit mehr als 10 Milliarden US-Dollar betragen können.

Die Erstellung der fundierten Faktenlage war dabei ein jahrelanger Prozess. Das Trevor Project arbeitete dafür auch mit einem Team von Ökonomen zusammen, um ein Modell zu entwickeln, das sowohl die direkten Kosten der Konversionstherapie als auch die laufenden Kosten für die psychische Gesundheit und andere Arten der medizinischen Behandlung für Opfer der „Therapie“ untersucht.

Während die Zahl von rund 9,3 Milliarden US-Dollar auch versucht, immaterielle Kosten wie Produktivitätsverluste für Unternehmen zu berücksichtigen, die dadurch entstehen, dass die Opfer mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, sind viele weitere Kosten, die ebenso berücksichtigt wurden, sogenannte direkte Kosten – darunter fallen beispielsweise auch die Bezahlung der „Therapeuten“, die solche Behandlungen anbieten. Allein dafür werden jährlich rund 650 Millionen US-Dollar aufgewendet. Bisher sind Konversionstherapien in Amerika in nur knapp der Hälfte aller Bundesstaaten ganz oder teilweise verboten.

Casey Pick von der federführenden Organisation The Trevor Project mit ihrem Fazit: "Diese alarmierende Studie zeigt, dass die Unterdrückung von LGBTI*-Jugendlichen und der Zwang dieser Menschen zu Konversionstherapien sowohl aus humanistischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht tiefgreifende und schädliche Kosten verursacht.

Das Trevor Project fordert die politischen Entscheidungsträger auf, LGBTI*-Jugendliche vor den Gefahren dieser sogenannten 'Therapie' zu schützen und dafür den Zugang zu LGBTI*-bejahender Therapie zu erweitern, um junge Menschen zu befähigen, sich selbst so zu akzeptieren, wie sie sind, und damit positive gesundheitliche Ergebnisse zu fördern."

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