Islamismus im Netz Gezielte Angriffe auf LGBTI*-Menschen nehmen zu
Der Hass auf die LGBTI*-Community wird mitunter vor allem online immer erbitterter ausgetragen – im scheinbar rechtsfreien Raum lassen sich Anfeindungen artikulieren, die im realen Leben wenigstens teilweise bis heute eher schwer über die Lippen gehen. Die Bundesregierung warnt jetzt eindringlich davor, dass gerade auch Islamisten versuchen würden, im Internet gezielt Jugendliche in Deutschland zu erreichen, um ihre Meinungen zu beeinflussen und den Hass gegenüber dem Staat sowie auch gegenüber der LGBTI*-Community zu schüren.
Menschenhass durch die Hintertür
Oftmals würde dabei gezielt versucht werden, aktuelle politische Ereignisse oder gesellschaftliche Debatten als Aufhänger für menschenverachtende und demokratiefeindliche Botschaften zu verwenden. Das Vorgehen ist nach Angaben des Bundesfamilienministeriums besonders perfide, denn immer wieder würden sich Islamisten auch bei, unter Jugendlichen populären Diensten wie TikTok oder Instagram als scheinbare authentische Influencer darstellen. Zu diesem Schluss kommt das Fachgremium im aktuellen Lagebericht “Islamismus im Netz 2021/22“ von jugendschutz.net, dem gemeinsamen Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für Jugendschutz im Internet.
Mehr Sorgfaltspflicht online gefordert
Nur selten lassen sich dabei natürlich Tat und Motivation sofort in direkten Zusammenhang setzen, doch mit einem Blick auf die gewalttätigen Angriffe auf LGBTI*-Menschen allein in diesem Jahr, zeigt sich, dass auch eine fanatische Zuwendung zum Islam zumindest den Hass auf Homosexuelle sowie queere Menschen befeuern und mancherorts auch Gewalt offensichtlich aus der Sicht mancher Täter legitimieren kann.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus dazu: „Religiöse und politische Extremist*innen versuchen, mit attraktiv verpackter Propaganda auch Jugendliche anzusprechen. Sie verstecken ihre menschenfeindliche Weltsicht in vermeintlich harmlosen Botschaften auf populären Social-Media-Kanälen. Gerade jüngeren Menschen fällt es schwer, die ideologischen Absichten hinter den bunten Bildern zu erkennen. Durch die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz können wir der Verbreitung von Hass und Hetze entgegentreten. Daher unterstützt das Bundesfamilienministerium neben dem Projekt ´Hass im Netz´ bundesweit Projekte und Initiativen, die sich gegen Extremismus und für Demokratie und Vielfalt einsetzen. Aber auch die Plattformanbieter sind gefordert: Sie müssen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und Hass-Posts schnell und zuverlässig entfernen.“
Zunahme von Hass auf LGBTI*-Menschen
Ähnlich sieht das auch Stefan Glaser, Leiter von jugendschutz.net: „Islamist*innen verpacken ihre Propaganda als Lifestyle, sie geben sich jung, nahbar und authentisch. Diese Kumpeltypen heben sich ab vom gängigen Bild islamistischer Prediger. Das kommt bei jungen Menschen an und hilft, sie für extremistisches Gedankengut zu ködern. Wir sehen auch eine Zunahme von LGBTQ+-feindlichen Beiträgen. Queere Menschen werden diffamiert, in einschlägigen Zirkeln auf Telegram wird zur Gewalt und Mord aufgerufen.“ Auch hier sei ein konsequentes Einschreiten nötig, vor allem Diensteanbieter müssten schneller löschen, spätestens aber, wenn User solche Verstöße melden würden, so der Fachmann weiter.
Rund 560 Verstöße binnen eines guten Jahres
Von Januar 2021 bis Juni 2022 registrierte jugendschutz.net im Themenfeld Islamismus insgesamt 557 Verstöße, beinahe alle (über 90 %) wurden auf Social Media lokalisiert, der Großteil von ihnen (94 %) konnte schlussendlich gesperrt oder gelöscht werden. Neben dem konkreten Vorgehen gegen Inhalte beobachtet jugendschutz.net kontinuierlich auch Trends und Phänomene. Als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz wird es im Rahmen des Bundesprogramms “Demokratie leben!“ vom Bundesfamilienministerium gefördert. Wer online Verstöße registriert, kann diese direkt über jugendschutz.net melden.