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Homophobie mit Konsequenzen
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Homophobie mit Konsequenzen Folterungen von Homosexuellen in Uganda werden nicht länger hingenommen, urteilte jetzt das Oberste Gericht

ms - 28.11.2024 - 14:00 Uhr
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Seitdem das neue Anti-Homosexuellen-Gesetz 2023 in Uganda in Kraft getreten ist, hat sich die Lage vor allem für schwule Männer noch einmal radikal im Land verschlechtert, immer wieder wurde auch von Lynchjustiz, Folterungen und Hetzjagden berichtet. Nun hat das Oberste Gericht des Landes klargestellt, dass solche eigenmächtigen Aktionen strafbar sind – ein Hoffnungsschimmer für das Land. 

Konsequenzen für Schwulen-Bashing 

Das Urteil tilgt weder die schlechten Lebensbedingungen von Homosexuellen in Uganda, noch ändert es etwas am Anti-Homosexuellen-Gesetz, das homosexuelle Handlung mit hohen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe ahndet. Sehr wohl sendet das Urteil aber ein starkes Signal an die Zivilbevölkerung, dass willkürliche Folterungen von Schwulen nicht hingenommen werden und den Tätern Konsequenzen drohen – auch und insbesondere der Polizei. 

Folterung von 20 jungen Männern 

Die Richter zogen dafür einen Vorfall aus dem Jahr 2020 heran – bereits vor dem Anti-Homosexuellen-Gesetz von 2023 waren gleichgeschlechtliche Handlungen in Uganda illegal und maßgeblich schwule Männer aus Sicht der meisten Einwohner minderwertig. Im März 2020 war ein Mob im Wakiso Distrikt in ein Haus eingedrungen und war dabei über zwanzig junge Männer hergefallen, in der Annahme, diese seien homosexuell. 

Auf „jedwede erdenkliche Weise“ seien die Männer daraufhin gefoltert worden, weil sie „Homosexualität praktizierten“, so Richter Douglas Singiza. Zu den Folterhandlungen gehörten unter anderem Schläge, Verbrennung mit einem heißen Stück Holz, Fesseln, brutale anale Untersuchungen und andere Formen „körperlicher, geistiger und psychologischer Gewalt.“ Als schlussendlich die Polizei eintraf, halfen sie nicht den betroffenen Opfern, sondern nahmen die zwanzig Männer aufgrund des Verdachts von Homosexualität fest – Beweise für ihre angeblichen Verbrechen gab es nicht. Im Gefängnis wurden die vermeintlich schwulen Männer dann erneut geschlagen, anal untersucht, schikaniert und diskriminiert. 

„Bedeutender Sieg“ für die Community

Mit Hilfe der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation „Human Rights Awareness and Promotion Forum“ (HRAP) reichten die Männer Klage gegen den Stadtrat, den Bürgermeister sowie weitere leitende Beamte ein. Die Richter am Supreme Court in Uganda sprachen ihnen nun Schadensersatz in Höhe von insgesamt umgerechnet rund 39.000 Euro zu. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Jahreslohn liegt im Land bei etwa 900 Euro. 

Der Menschenrechtsaktivist und Direktor von Sexual Minorities Uganda, Dr. Frank Mugisha, erklärte, der Urteilsspruch stelle einen „bedeutenden Sieg für die LGBTI*-Community“ dar. Und Geschäftsführer Adrian Jjuuko von der klagenden Menschenrechtsorganisation HRAP betonte: „Lokale Führer und Politiker sind nun darauf aufmerksam gemacht worden, dass man, wenn man Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verprügelt, die Strafe aus der eigenen Tasche bezahlen muss.“

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