HIV-Heilung HIV-Konferenz berät über neue Chancen für Menschen mit HIV.
In einem sechsten Fall ist es jetzt offenbar gelungen, einen Menschen mit HIV zu heilen – wie in allen bisherigen Fällen wurde auch hier eine Stammzellentransplantation zur Behandlung von Blutkrebs angewandt, die Heilung von HIV war auch hier sozusagen ein „Nebeneffekt“.
Der sechste Fall aus Genf
Der Fall des „Genfer Patienten“ wird in dieser Woche auf dem International AIDS Society Conference on HIV Science in Brisbane, Australien, vorgestellt werden. Der Mann wurde nach der Schweizer Stadt benannt, in der behandelt worden war. Er ist Anfang 50, bei ihm wurde 1990 das Virus diagnostiziert, 2005 begann er mit einer antiretroviralen Behandlung. Im Jahr 2018 wurde bei ihm schlussendlich ein seltener Blutkrebs diagnostiziert. Er wurde mit Bestrahlung, Chemotherapie und einer Stammzellentransplantation behandelt.
Den sechsten Fall einer HIV-Heilung bezeichnete Dr. Sharon Lewin, Präsidentin der IAS und Direktorin des Peter Doherty Institut für Infektionen und Immunität in Melbourne, als „großartige Nachricht“. Solche Fallberichte würden in vielerlei Hinsicht bei den Bemühungen um eine Heilung helfen. Allerdings müsse aktuell auch klar sein, dass eine Stammzelltransplantation nicht für HIV-Infizierte ohne eine Krebserkrankung in Frage komme – die Behandlung ist bis heute eine sehr gefährliche, schädigt den Körper massiv und sei daher unethisch für „normale“ Menschen mit HIV.
HIV-Heilung bleibt schwierig
Wissenschaftler gehen im Allgemeinen davon aus, dass es noch Jahrzehnte dauern könnte, bis die Entwicklung einer breit einsetzbaren HIV-Heilung erfolgreich sein könnte. HIV ist äußerst schwer zu heilen. Das liegt zum großen Teil daran, dass sich das Virus, selbst wenn es durch antiretrovirale Medikamente unterdrückt wird, in nicht-replizierenden Immunzellen versteckt, die als „Virusreservoir“ bezeichnet werden. Eine klassische Standard-HIV-Behandlung wirkt dabei nur bei Zellen, die aktiv neue Viruskopien produzieren. Das Virus bleibt also unter dem Radar der antiretroviralen Mittels.
Lebt das Virus im Verborgenen weiter?
Im Jahr 2008 wurde der erste Fall bekannt, bei dem ein Mann durch eine Stammzellentherapie von HIV geheilt worden war. Doch selbst in diesen bisher sechs Fällen tun sich die HIV-Experten schwer, tatsächlich von einer Heilung zu sprechen. Der Genfer Patient wurde von einem Forschungsteam unter der Leitung von Asier Sáez-Cirión, Chef der Abteilung für Virusreservoirs und Immunkontrolle am Institut Pasteur in Paris, betreut – er sagt: „Die Möglichkeit eines viralen Rebounds ist in der Tat besorgniserregend. Das Virus könnte in seltenen infizierten Blutzellen oder anatomischen Stellen, die wir nicht analysiert haben, weiterleben.“
Wird Unmögliches doch möglich?
Wie unterschiedlich hier die Meinungen der Experten auseinandergehen, lässt sich anhand von Dr. Steven Deeks, einem führenden Forscher auf dem Gebiet der HIV-Heilung an der Universität von Kalifornien in San Francisco, darlegen. Er erklärte im Vorfeld der australischen Konferenz in dieser Woche mit Blick auf den Genfer Patienten: „Die Details des Falles deuten darauf hin, dass das, was wir einst für unmöglich hielten, in der Tat möglich sein könnte.“ So könnte das neu aufgebaute Immunsystem das alte Immunsystem so radikal beseitigt haben, dass auch alle restlichen T-Zellen, die HIV beherbergen, vernichtet worden sein könnten.
Gefährliche Kombination: HIV und Affenpocken
Klar ist, es wird diese Woche viel Redebedarf während der Konferenz geben – weitere Themen nebst HIV im Allgemeinen wird auch das aktuelle HIV-Risiko bei schwulen Männern sein, gerade in Kombination mit den Affenpocken. Die Hinweise scheinen sich immer weiter zu verhärten, dass eine Kombination von HIV und Mpox bei schwulen Männern dramatische Folgen haben kann – allein durch HIV besteht ein viermal höheres Risiko, ein geschwächtes Immunsystem zu haben, was sich wiederum negativ auf den Verlauf eines Affenpockenausbruchs auswirken kann.
Bereits im Februar zeigte eine, im Fachblatt The Lancet veröffentlichte Studie, dass Menschen mit HIV ein sehr hohes Risiko haben, an Mpox zu sterben, wenn ihr Immunsystem unterdrückt ist. In weiteren Studien wurden inzwischen auch 39 Prozent der weltweiten Affenpockenfälle (rund 83.000) aus dem Jahr 2022 untersucht, knapp über die Hälfte (52%) dieser betroffenen Personen waren HIV-positiv. Achtundfünfzig der Menschen mit HIV starben, ebenso wie vier Menschen ohne HIV.