HIV-Diskriminierung bei US-Militär "Dies ist eines der wichtigsten Urteile für Menschen mit HIV!"
In einer bahnbrechenden Entscheidung hat das Bundesgericht in Ost-Virginia das amerikanische Verteidigungsministerium angewiesen, die seit langem praktizierte Politik des Pentagons aufzugeben, die es amerikanischen HIV-positiven Soldaten und Offizieren bisher verbietet, im aktiven Dienst außerhalb des amerikanischen Festlands eingesetzt zu werden. Dabei stellte die Bundesbezirksrichterin Leonie Brinkema in ihrem Urteil klar fest, dass diese bisherige Vorgehensweise eindeutig diskriminierend sei.
Mehrere LGBTI*- und HIV-Organisationen begrüßten in ersten Statements das Urteil als längst überfällige rechtliche Bestätigung, dass Menschen, die eine wirksame antiretrovirale Behandlung gegen HIV erhalten, im Wesentlichen gesund sind und keine Gefahr für andere darstellen. Das Urteil bringt damit auch eine der letzten großen Säulen der HIV-bedingten Diskriminierung in der amerikanischen Arbeitswelt zum Einsturz und beendet die rechtliche Sonderbehandlung des US-Militärs. Im allgemeinen Arbeitsrecht der Vereinigten Staaten wurde die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen bereits 1990 verboten. Das Militär hatte seine Einstellung dabei stets mit dem theoretischen Risiko begründet, dass gerade im Schlachtfeld sich andere Soldaten mit HIV infizieren könnten. Sarah Warbelow, die Rechtsdirektorin der Human Rights Campaign, hält diese Einstellung dabei für veraltet:
"Das Militär ist gezwungen, den aktuellen Stand der Wissenschaft in Bezug auf HIV anzuerkennen: Es ist leicht behandelbar; es gibt keine dokumentierten Fälle von Übertragung im Kampf und, was am wichtigsten ist, es ist niemals ein Grund für Diskriminierung.“
Kara Ingelhart, eine leitende Anwältin bei Lambda Legal, hatte mit einem Team weiterer Kollegen gegen diese Ungerechtigkeit deswegen geklagt. "Dies ist eines der wichtigsten Urteile für Menschen mit HIV und die Verankerung ihres Schutzes in der Verfassung seit Jahrzehnten!", so Ingelhart. Dem Urteil vorausgegangen waren Klagen von drei HIV-positiven Männern im Militärdienst. Nach dem Urteil darf das Pentagon nun den HIV-Status eines Militärangehörigen nicht mehr als Grund für eine Diskriminierung heranziehen oder die betreffende Person aussondern, entlassen oder nicht zu Einsätzen im Ausland heranziehen. Das Anwaltsteam von Lambda Legal hofft zudem, dass das jetzige Urteil auch die letzten Ungerechtigkeiten des Pentagons in Frage stellt – bisher verbietet die US-Behörde es Menschen mit HIV immer noch, sich beim Militär zu bewerben oder von Militärakademien in Dienst gestellt zu werden. Das Justizministerium könnte gegen das jetzige Urteil beim 4. US-Berufungsgericht allerdings noch Berufung einlegen – ob das unter der queerfreundlichen Biden-Regierung tatsächlich passieren wird, ist offen.
Das Verteidigungsministerium ist mit weltweit drei Millionen Angehörigen der Streitkräfte der größte Arbeitgeber der Welt. Nach Angaben von Lambda Legal haben fast alle der rund 2.000 Angehörigen des US-Militärs, die mit HIV leben, nicht nachweisbare Viruslasten.