Gleichbehandlungsgesetz Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann will neu verhandeln
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will das geplante und bis heute umstrittene Gleichbehandlungsgesetz in Baden-Württemberg „neu verhandeln“ – zuvor hagelte es massiv Kritik an dem Gesetzesvorhaben seitens Verbänden, Kommunen und Kreisen. Ob und wie das angedachte Gesetz jetzt überhaupt noch kommen soll, ist aktuell völlig offen. Einige Verbände gehen inzwischen davon aus, dass das Gesetzesprojekt der Grünen gänzlich gescheitert ist.
"Bürokratiemonster" der Grünen
Auch das eigene Staatsministerium hatte das Gleichbehandlungsgesetz in seiner zuletzt angedachten Form sehr kritisch gesehen, die Rede war mehrfach von einem „Bürokratiemonster“. Zu den Einwänden, die vielerorts zu dem Gesetzesvorhaben aufgekommen sind, erklärte Kretschmann: „Diese Einwände nehmen wir ernst und sind in weiteren Aushandlungsprozessen zu diesem Gesetz.“
Der linke Flügel der Grünen im Ländle zeigte sich inzwischen sehr verärgert über das Scheitern des Prestigeprojektes der Partei; Kritik kommt auch von der bis heute ebenso stark umstrittenen Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, Ferda Ataman. „Es ist fatal, dass der Ministerpräsident die Menschen im Land nicht vor Diskriminierung durch staatliche Stellen schützen will“, sagte sie gegenüber dem SWR. Der queer-politische Sprecher der SPD, Florian Wahl, bezeichnete das Scheitern des Gesetzes als „Rückschlag“ für viele Menschen.
Erleichterung bei CDU und Kommunen
Die CDU indes begrüßte den Kurswechsel ausdrücklich, das geltende Recht reiche vollkommen aus. „Wenn unser grüner Koalitionspartner nun auf das Gleichbehandlungsgesetz verzichten möchte und auf unseren Kurs einschwenkt, finden wir das vollkommen richtig“, so CDU-Partei- und Fraktionschef Manuel Hagel.
Auch die Kommunen reagierten inzwischen erleichtert, der Gemeinde-, Städte- und Landkreistag erklärte unisono: „Wer entbehrliche Aufgaben und Standards abbauen will, darf keine neuen unnötigen Hürden errichten. Ein Gesetz, das Misstrauen gegenüber dem Staat und den öffentlich Beschäftigten sät, wäre in diesen herausfordernden Zeiten das absolut falsche Signal gewesen.“
Kehrtwende bei der Beweispflicht
Das auch als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnete Vorhaben in Baden-Württemberg hätte im Umgang zwischen Bürgern und der Landesverwaltung, Schulen, Finanzämtern, Kreisen, Kommunen sowie der Polizei gegolten. Menschen, die sich beispielsweise aufgrund ihrer Nationalität oder ihrer „sexuellen Identität“ diskriminiert oder ungerecht behandelt fühlen, hätten sich dann an eine eigene Ansprechstelle wenden können, die mittels einer Mediation den Fall hätte klären und bestenfalls eine Entschuldigung einfordern hätte können – wäre dies gescheitert, hätten Betroffene den Klageweg beschreiten können inklusive Forderungen nach Schmerzensgeld.
Auch Lehrkräfte an Schulen wären von dem Gesetz betroffen gewesen, beispielsweise im Umgang mit queeren Schülern und Wunsch-Pronomen. Das Pikante und oftmals überdies Kritisierte: Die anderweitig beschuldigten Behörden hätte den Nachweis erbringen müssen, dass es keine Diskriminierung gab. Die Beweispflicht wäre nicht wie sonst im Rechtsstaat üblich beim Kläger, sondern nun im Wesentlichen beim Angeklagten gelegen.