Frankreich hat gewählt Der befürchtete Rechtsruck ist ausgeblieben
Aufatmen in der Community – Frankreich hat gewählt und der befürchtete Rechtsruck im Land ist ausgebelieben. Überraschend siegte bei der gestrigen Wahl nach bisherigen Ergebnissen das Linksbündnis, gefolgt vom Mitte-Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron. Der rechtsradikale Rassemblement National (RN) von Marine le Pen kam auf den dritten Platz.
Aufatmen bei LGBTI*-Menschen
Wie künftig die Regierung in Frankreich aussehen wird, ist aktuell noch nicht vorhersehbar, es gibt im Grundsatz diverse Möglichkeiten von Bündnissen oder punktueller Zusammenarbeit, klar ist aber, Marine le Pen verfehlte ihr Ziel, mit ihrer Partei RN stärkste Kraft im Land zu werden. Die LGBTI*-Community in Frankreich atmet erleichtert auf – zwar liebäugeln nach wie vor auch Homosexuelle und queere Menschen mit der Partei aus dem rechten Lager, doch die Mehrheit der Community hat offenbar nach wie vor starke Bedenken.
Le Pen selbst sowie Mitglieder ihrer Partei sind zwar in den letzten Jahren mit Blick auf LGBTI* ein Stück weit gemäßigter aufgetreten und fordern inzwischen nicht mehr zum Beispiel die Streichung der gleichgeschlechtlichen Ehe, als Verbündete von LGBTI*-Menschen kann Le Pen aber trotzdem bis heute nicht bezeichnet werden. Erst im letzten Jahr erklärte sie noch, sie wolle das „Gift des Wokismus“ bekämpfen. Es dürfen zudem keine „LGBT-Propaganda in den Schulen“ geben.
Eine rechte Partei für Homosexuelle?
Der RN betont an anderer Stelle trotzdem, keine andere Partei habe mehr „bekennende Homosexuelle“ und würde sich für die Rechte von Schwulen und Lesben starkmachen. Der politische Spagat funktionierte dabei nicht immer. Le Pen sieht sich trotzdem als Gewinnerin des gestrigen Abends und sprach von einem „aufgeschobenen Sieg“. Und weiter: „Die Flut steigt. Sie ist dieses Mal nicht hoch genug gestiegen, aber sie steigt weiter und deshalb ist unser Sieg nur aufgeschoben. Ich habe zu viel Erfahrung, um von einem Ergebnis enttäuscht zu sein, bei dem wir unsere Anzahl an Abgeordneten verdoppeln.“
Rücktritt von Attal
Ein Wermutstropfen hat das gestrige Wahlergebnis dennoch: Der erst seit Januar dieses Jahres ins Amts berufene schwule Premierminister Gabriel Attal hat gestern Nacht bereits seinen Rücktritt angekündigt. Wahrscheinlich wird er noch kommissarisch im Amt bleiben, bis ein Nachfolger bestimmt wurde. „Gemäß der republikanischen Tradition und meinen Prinzipien entsprechend reiche ich morgen meinen Rücktritt beim Präsidenten ein“, so der 35-Jährige.
Macron selbst erklärte zu den Wahlergebnissen: „Die Frage ist, wer regieren und wer eine Mehrheit bilden kann.“ Er selbst ist von dem Ausgang der Wahl nicht betroffen und kann grundsätzlich bis zum Ende seiner Legislaturperiode als Präsident 2027 im Amt bleiben. Das Regieren dürfte in Frankreich allerdings deutlich schwieriger werden und auch die Stellung von Macron ist geschwächt worden.
Aufatmen auch in Deutschland
Trotzdem sorgt die Niederlage der Rechten auch international für ein Aufatmen, sowohl in wie auch außerhalb der LGBTI*-Community. Der Queer-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Sven Lehmann, erklärte online via X: „Polen, UK, Frankreich – in Europa passiert gerade etwas Ermutigendes. Die Menschen widersetzen sich der rechtspopulistischen Spalterei. Wenn die Mitte-Links-Parteien jetzt soziale Lösungen für Alltagssorgen der Menschen präsentieren, können sie wieder Vertrauen gewinnen.“
Rémy Bonny, der Direktor der europäischen LGBTI*-Organisation Forbidden Colours, erklärte: "Vielen Dank, Frankreich. Ihr habt für Zugehörigkeit, Integration und Europa gestimmt. Eine Koalition aus mehreren progressiven und liberalen Parteien ist gut für die Demokratie. Wir freuen uns darauf, unsere Arbeit für ein inklusiveres Europa mit einer neuen französischen Regierung fortzusetzen."