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Verursachen Regenbogen-Zebrastreifen Migräne und Epilepsie?
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Fragwürdige Diagnose Verursachen Regenbogen-Zebrastreifen Migräne und Epilepsie?

co - 09.02.2023 - 18:00 Uhr

Die konservative Politikerin Emma Nicholson, die Baronin Nicholson von Winterbourne, argumentierte gegen einen Regenbogen-Überweg im Westen von London. Die Baronin gehört dem House of Lords an, deren Mitglieder nicht gewählt werden. Sie hatte sich auch schon gegen die Ehe für alle ausgesprochen und wiederholt trans* feindlich geäußert.

Über den Zebrastreifen

Der bunte Überweg wurde im frühen Februar vom Gemeinderat des Londoner Stadtteils Hounslow in Chiswick eröffnet. Er befindet sich an der Kreuzung der Chiswick High Road. Dort wo die Straße auf die Annandale Road und die Turnham Green Terrace trifft. Die Eröffnung der Regenbogenkreuzung fiel mit dem Beginn des LGBTI*-Geschichtsmonats und dem Aktionsmonat „Fußball gegen Homophobie“ zusammen. Laut dem Stadtrat ist der Zebrastreifen eine „anschauliche Demonstration“ seiner „Verpflichtung gegenüber den Rechten der LGBTI*-Community des Stadtteils“.

Das behauptet Nicholson

Am 2. Februar teilte der zur Labour-Partei gehörende Stadtrat John Stroud-Turp ein Foto des bunten Zebrastreifens auf Twitter. Darauf antwortete die Baronin mit einer aus der Luft gegriffenen Anschuldigung: „Diese Kreuzung wird unweigerlich Migräne verursachen und Epilepsie auslösen.“ Sie bat den Stadtrat um ein Treffen, bei dem sie „den Schutz von Personen“ erörtern wolle, „die sich von Kopfverletzungen oder neurologischen Erkrankungen wie den von mir genannten erholen“. 

Das sagen Fachkundige

Die führende Kopfschmerzspezialistin Dr. Katy Munro leitet Migränekliniken für das National Migraine Centre und schrieb den Bestseller „Managing Your Migraine“. Sie erklärte PinkNews: „Von Migräne Betroffene können auf kontrastreiche Streifen empfindlich reagieren, aber ein normaler schwarz-weißer Zebrastreifen ist wahrscheinlich eher ein Auslöser als ein mehrfarbiger.“ Auch die Wohltätigkeitsorganisation Epilepsy Action dementierte Nicholsons Aussagen: Für einige Personen mit fotosensitiver Epilepsie können „kontrastreiche gestreifte Muster“ ein Auslöser für ihre Anfälle sein. Allerdings seien normale Zebrastreifen mit Schwarz-Weiß-Muster deutlich kontrastreicher – auch wenn der Organisation kein von einem solchen Überweg oder von Pride-Farben verursachter Anfall bekannt sei.

Hohn in sozialen Medien

Unter dem Twitter-Beitrag der Baronin tummeln sich allerhand Kommentare, die sich über sie lustig machen: „Es ist absolut unglaublich, dass die Notaufnahmen nicht jedes Mal, wenn es regnet, mit Migräne- und Epilepsie-Betroffenen überschwemmt werden.“ Journalist Matt Bishop durchsuchte Nicholsons eigene Beiträge und stellte einige ihrer buntesten Fotos zusammen: „Ich sehe, dass es nicht helle, lebhafte, kontrastreiche Farben sind, denen Sie widersprechen. Tatsächlich scheinen Sie diese in ihren eigenen Tweets zu feiern. Einige von [diesen Aufnahmen] sind ziemlich schön. Was könnten Sie denn sonst ausgerechnet gegen den LGBTI*-Regenbogen haben?“

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