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Antibiotika als Vorsorge gegen Geschlechtskrankheiten?

Forschung: Tabletten gegen STI?! Antibiotika als Vorsorge gegen Geschlechtskrankheiten?

ms - 07.02.2022 - 13:30 Uhr
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Die PrEP war für viele schwule Männer eine kleine Sensation – eine Tablette als Safer-Sex-Vorsorge gegen eine HIV-Ansteckung. Seit September 2019 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland auch die Kosten. Allerdings schützt die PrEP nur gegen eine Infektion mit HIV, nicht aber gegen andere Geschlechtskrankheiten (kurz STI) wie Gonorrhoe, Syphilis oder Chlamydien. Drei kanadische Fachleute untersuchen aktuell die Möglichkeit, wie bereits vorhandene Medikamente und Impfstoffe jetzt auch gegen STI helfen könnten.

Bei den drei queeren Forschern handelt es sich um den Spezialisten für Infektionskrankheiten, Darrell Tan, den geschäftsführenden Direktor des Community-Based Research Centre (CBRC) Jody Jollimore sowie Gary Kinsman, LGBTI*-Aktivist und Soziologieprofessor an der Laurentian University. Sie untersuchen aktuell, inwieweit Impfstoffe gegen Meningitis sowie Medikamente gegen Malaria zur Vorbeugung von Gonorrhö und anderen Geschlechtskrankheiten eingesetzt werden könnten. Im Kern geht es dabei aktuell um das Antibiotikum Doxycyclin sowie das Medikament Bexsero. In drei unterschiedlichen Studien soll die These weiter untersucht werden. Dabei schreckt im Falle von Jody Jollimore auch mindestens einer der Forscher nicht vor Selbstmedikation als Forschungszweck zurück.

Eine noch komplett unbeantwortete Frage ist jene nach der Antibiotika-Resistenz. Eine dauerhafte Einnahme eines Antibiotikums kann nicht nur zu einer gefährlichen Resistenz sondern auch zu allergischen, teilweise auch lebensgefährlichen Reaktionen führen. In beiden Fällen scheint sich aktuell ein Medikament wie Doxycyclin nicht für eine dauerhafte, täglich einzunehmende Vorsorge-Variante zu eignen, auch wenn laut Darrell Tan gegenüber dem kanadischen Queer-Magazin Xtra die ersten Ergebnisse darauf hindeuten, dass das Antibiotikum als Präventivmaßnahme gegen Syphilis wirksam sein könnte.

© jarun011
© jarun011

Alle drei Fachleute sehen sich als Vorreiter in puncto sexueller Gesundheit für LGBTI*-Personen – auch mit Hinblick auf die Tatsache, dass zumeist mehrheitlich queere Menschen in Kanada eine STI-Infektion erleiden. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit jährlich rund 360 Millionen neue Infektionen von den vier häufigsten STI bei 15- bis 49-jährigen Personen auftreten. Auf Platz 1 – auch in Deutschland - stehen Chlamydien. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die Infektion bis auf das Bundesland Sachsen nicht meldepflichtig ist. Geschätzt erkranken rund 300.000 Menschen pro Jahr daran. Im Falle der Syphilis wurden dem RKI (Stand 2018) rund 7.300 Erkrankungen gemeldet, rund 4.800 davon betreffen schwule Männer. Hotspots in Deutschland sind Berlin und Hamburg. An Gonorrhoe infizieren sich geschätzt bis zu 20.000 Menschen jährlich, auch hier gibt es keine Meldepflicht. Das RKI nimmt an, dass es sich hierbei auch mehrheitlich um homosexuelle Männer handelt.

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