Don´t Say Gay in Europa? Neue Petition im EU-Parlament sorgt für Entsetzen bei LGBTI*-Verbänden
Eine neue Petition im EU-Parlament sorgt in diesen Tagen für Empörung – diese fordert die Streichung von allen LGBTI*-Themen europaweit aus dem Schulunterricht. „Don´t Say Gay“ in Europa? Grundsätzlich gleicht das Vorhaben tatsächlich dem Gesetz aus dem US-Bundesstaat Florida, in dem seit einem guten Jahr bereits LGBTI* an Schulen verboten ist – mit teils dramatischen Folgen. Aussicht auf Erfolg dürfte die Aktion in der Europäischen Union aktuell allerdings nicht haben.
Die Mär von der sozialen Ansteckung
Sehr wohl aber muss es nun zu einer Debatte im Parlament darüber kommen, denn binnen weniger Tage nach der offiziellen Zulassung durch den Petitionsausschuss erreichte die Petition bereits weit mehr als die dafür erforderlichen Unterschriften – aktuell fast 7.000. Die Verfasser der Petition aus Luxemburg beteuern zwar, dass sie nicht homo- oder transphob seien und auch keine LGBTI*-Menschen diskriminieren oder zu Gewalt gegen sie aufrufen wollen, sprechen aber im Text an anderer Stelle davon, dass LGBTI*-Informationen die Entwicklung der Kinder stören würde.
Immer wieder wird im Schriftstück auch suggeriert, dass Homosexualität eine Gefahr für Kinder sei. Zudem vermittelt die Petition die Mär von der sozialen Ansteckung, als könnte sich Homosexualität allein durch das Reden darüber bei Jugendlichen festigen.
Entsetzen bei LGBTI*-Verbänden
Menschenrechts- und LGBTI*-Organisationen reagierten inzwischen empört und verstört über die Petition. Hinterfragt wird dabei auch, wie es ein so offensichtlich LGBTI*-feindliches Vorhaben überhaupt geschafft hat, zugelassen zu werden – im Grundsatz sind menschenfeindliche Petitionen eigentlich gesperrt.
Die LGBTI*-Organisation Rosa Lëtzebuerg erklärte dazu: „Wir sind entsetzt über die Petition Nr. 3198 mit dem Titel ´LGBT-Themen aus dem Unterricht für Minderjährige ausschließen´ und möchten betonen, dass die Schulen einen Bildungsauftrag haben, über die Gesellschaft und ihre Vielfalt zu unterrichten. Wir verurteilen auch die Absicht, queeres Leben unsichtbar zu machen, was zu den anhaltenden Vorurteilen und der Diskriminierung von queeren Menschen beiträgt.“ Und das Centre Lqbtiq+ Cigale ergänzt mit Blick auf LGBTI*-Menschen: „Wir sind für euch da! Wir Queers sind hier, und wir werden nicht mehr verschwinden.“
Warnschuss für die Community
Auch wenn das Vorhaben aktuell keine Chance auf eine erfolgreiche Abstimmung nach der Debatte haben dürfte, sehen LGBTI*-Aktivisten darin trotzdem einen gefährlichen Warnschuss, spätestens nach dem Ergebnis der EU-Wahlen im Juni dieses Jahres. Durch die Neubesetzung des EU-Parlaments haben inzwischen mindestens 35 Prozent der EU-Parlamentarier eine strikte Anti-LGBTI*-Agenda, wie die internationale LGBTI*-Organisation Forbidden Colours ermittelte. Vor der Wahl waren es noch rund zehn Prozent weniger gewesen. Es kann also zukünftig durchaus öfters geschehen, dass solche oder ähnliche Vorhaben ihren Weg in das EU-Parlament finden.