Direkt zum Inhalt
Diskriminierung in Bayern
Rubrik

Diskriminierung in Bayern In der Schule erleben die meisten jungen LGBTI*-Bayern Diskriminierung

ms - 07.12.2023 - 11:00 Uhr

Die Ergebnisse einer neuen Studie aus Bayern zeigen nun auf, dass Diskriminierung scheinbar für beinahe alle LGBTI*-Jugendlichen im Freistaat erlebte Realität ist – 94 Prozent gaben an, davon mindestens einmal betroffen gewesen zu sein. Für die Studie „How are you“ des Bayerischen Jugendrings wurden Mitte des Jahres rund 2.000 junge LGBTI*-Menschen online im Alter zwischen 14 und 27 Jahren befragt – fast 70 Prozent der Befragten war dabei im Alter zwischen 18 und 25 Jahren.

Für die Daten wurden allerdings nur Online-Befragungen herangezogen – die Hälfte der Befragten (48 %) definierte sich dabei als trans, nicht-binär oder queer (TNQ), was nicht dem repräsentativen Querschnitt in der LGBTI*-Community oder der Gesamtgesellschaft entspricht. Über die Hälfte der Befragten wählte zudem mehr als eine Dimension der queeren Identität, über ein Drittel zwischen drei und fünf dieser Dimensionen. Laut der Ipsos-Studie von diesem Jahr fühlen sich vier Prozent der Menschen in Deutschland der TNQ-Gruppe zugehörig.

Unterschiedliche Diskriminierungserfahrungen

Die weiteren Daten: Über 93 Prozent definieren sich als homo- oder bisexuell. Rund 40 Prozent der jungen LGBTI*-Menschen leben auf dem Land oder in Kleinstädten, weitere 30 Prozent in Mittel- sowie Großstädten. In Metropolen wie München mit einer Einwohnerzahl von 500.000 Menschen und mehr wohnen gerade einmal knapp 18 Prozent, weniger als jeder Fünfte also.

In den meisten Fällen zeigt sich die Diskriminierung dabei durch einen „institutionellen Ausschluss“, einem „voyeuristisch gesteigertem Auseinandersetzen“ sowie einer „ignorierenden Segregation“, so die Studie weiter. Etwas mehr als die Hälfte erlebte auch sexuelle Belästigung, gefolgt von Beschimpfungen und Beleidigungen.

Am meisten Diskriminierung in der Schule

Wenig verwunderlich, aber leider nach wie vor erschreckend: Am meisten Diskriminierung erleben LGBTI*-Bayern demnach nach wie vor in der Schule (rund 55 %), dicht gefolgt von der Öffentlichkeit und den sozialen Netzwerken an dritter Stelle. Mehr als jeder Dritte (44 Prozent) erlebte Diskriminierung auch in der eigenen Herkunftsfamilie. In der Arbeit indes spielt Diskriminierung nur bei etwa jedem Fünften (rund 18 %) eine Rolle – Ablehnung von Polizei oder Behörden hat nur knapp jeder Zehnte (rund 12 %) erfahren.

Klar ist dabei auch: Je mehr Diskriminierungserfahrungen junge LGBTI*-Menschen gemacht haben, desto niedriger ist ihr Wohlbefinden. Dabei spielt auch die Frage nach wichtigen Bezugspersonen eine Rolle – gibt es mehrere Menschen, mit denen LGBTI*-Personen reden können, fällt auch ihr Wohlbefinden und ihre Resilienz besser aus. Queere oder LGBTI*-Jugendeinrichtungen besuchen im Durchschnitt dabei allerdings gerade einmal knapp 15 Prozent der Befragten, wobei junge Erwachsene in den Städten eher dazu neigen als solche auf dem Land.

Stärkere Sensibilisierung gewünscht

Der Großteil von rund 85 Prozent der Online-Teilnehmer wünscht sich so eine stärkere Sensibilisierung für LGBTI*-Themen an Schulen, Universitäten sowie in der Arbeit. Auch öffentliche Behörden (rund 69 %) oder die Kirchen und Religionsgemeinschaften (rund 53 %) sollten sich mehr für LGBTI*-Themen öffnen.

Resümierend erklärten die Studienautoren, seien die Ergebnisse „zum Teil alarmierend“, vor allem weil sich gerade im Bereich der Diskriminierungserfahrung die Zahlen binnen der letzten zwei Jahre mit Blick auf vergleichbare Studien fast verdoppelt hätten.  

Auch Interessant

Haftstrafe für Neonazi

Attentatspläne auf Community

2022 wurde ein schottischer Extremist gefasst, nun endlich folgte die Verurteilung. Der Neonazi wollte LGBTI*-Menschen "mit Blut bezahlen" lassen.
Schutz für LGBTI*-Jugendliche

Paris Hilton feiert neue US-Gesetz

Jahrelang hat sich Paris Hilton für einen besseren Schutz von Jugendlichen in Heimen eingesetzt, jetzt wurde das Gesetz im US-Kongress verabschiedet.
Schwulenhass in Michigan

Attentat auf Homosexuelle geplant

In einer Massenschießerei wollte ein 22-Jähriger Amerikaner so viele Homosexuelle wie möglich töten, durch Zufall konnte er vorab verhaftet werden.
Krisenmodus Weihnachten

US-Verbände warnen vor Problemen

US-Gesundheitsexperten warnen vor einer Krise: Ablehnung im Kreis der Familie erleben LGBTI*-Menschen besonders stark zur Weihnachtzeit.
Appell an Joe Biden

Queere Verbände gegen Militärgesetz

Queere Verbände kritisieren scharf das neue Bundesgesetz des US-Militärs: Werden Militärangehörige und ihre Regenbogenfamilien künftig diskriminiert?
Kritik an der Drogenpolitik

Zu wenig Zusammenarbeit landesweit

Es gibt erste positive Schritte, doch insgesamt zu wenig Zusammenarbeit bei der Drogenpolitik. Ein rapider Anstieg von Überdosierungen ist denkbar.
Gewalt in Berlin

Attacken auf LGBTI*-Menschen

Die Gewalt in Berlin gegen LGBTI* nimmt weiter zu: Über 90% der mutmaßlichen Täter sind junge Männer, die Opfer sind zumeist Schwule und Bisexuelle.
Niederlage vor Gericht

Anti-Homosexuellen-Gesetz in Ghana

Der Oberste Gerichtshof in Ghana schmetterte Klagen gegen das geplante Anti-Homosexuellen-Gesetz erneut ab - wann tritt das Verbot jetzt in Kraft?