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Der Vogel ist befreit!
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Der Vogel ist befreit! Trendwende bei Twitter – was bedeutet das für die LGBTI*-Community?

ms - 28.10.2022 - 11:00 Uhr

Es war ein monatelanges Hin und Her, nun ist es endgültig: Multi-Milliardär Elon Musk hat für 44 Milliarden US-Dollar den Kurznachrichtendienst Twitter gekauft. Offiziell bestätigt wird die Übernahme heute an der New Yorker Wall Street, Musk selbst twitterte allerdings kurz und knapp bereits: “The bird is freed“ (Der Vogel ist befreit). Umgehend entließ Musk bereits am heutigen Tag zentrale Führungskräfte des Unternehmens, darunter auch den bisherigen Geschäftsführer, den Finanzchef sowie auch die für Hassrede und Falschinformation zuständige Managerin Gadde.

Gerade die letzte Entlassung dürfte für die LGBTI*-Community eine spannende Entwicklung sein und so blicken viele homosexuelle und queere Twitter-User gespannt auf die Veränderungen, die beim Kurznachrichtendienst nun anstehen könnten. Musk hatte im Vorfeld mehrfach betont, dass er die oftmals vorschnellen Sperrungen und Löschungen von Accounts beenden wolle und sich für eine absolute Form von Redefreiheit einsetzen will. Das kann auf der einen Seite auch mehr Freiheit für LGBTI*-Nutzer bedeuten, könnte aber auch Hass-Triaden von homophober, fanatisch-religiöser oder rechtsextremer Seite gegenüber LGBTI*-Menschen Tür und Tor öffnen.

Mehr Redefreiheit bei Streitthemen wie dem Selbstbestimmungsgesetz?

Besonders stark in die Kritik  gerieten dabei zuletzt immer wieder Sperrungen sowie Löschungen von Tweets oder ganzen Accounts, wenn es um Diskussionen rund um Themen wie Trans-Rechte, Selbstbestimmungsgesetz und die Geschlechterfrage ging. Zuletzt erst vor wenigen Tagen hatte Twitter beispielsweise auch Accounts gesperrt, die schlicht erklärt hatten, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Diese Aussage widerspreche, so die Begründung, gegen die Richtlinien bezüglich Hate-Speech. Sogar Verlinkungen oder Zitate von Berichterstattungen seriöser Medien um das Thema LGBTI* wurden immer wieder angegriffen, während auf der anderen Seite Diskussionen durch gegenseitige Sperrungen immer mehr unmöglich gemacht worden sind. Musks Schritt hin zu mehr Redefreiheit könnte für viele, gerade politisch aktive LGBTI*-Menschen und auch Feministinnen in den jüngsten Debatten gerade auch bei Twitter Deutschland zu einer Liberalisierung führen. Fraglich bleibt allerdings, wie sehr rechte Trolle dann Debatten künftig an sich reißen werden.

Befreier oder Unterdrücker? Was hat Musk vor?

In Deutschland hat aktuell die SPD-Vorsitzende Saskia Esken angekündigt, sich von Twitter zurückzuziehen, weil Hass, Hetze und Desinformationen immer mehr im Vordergrund stehen würden. Sie kritisierte ebenso, dass Twitter bis heute auch nicht von unrechtmäßigen Sperren absehen würde und schrieb zudem in einem Gast-Beitrag der Zeit: "Hass und Hetze bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt, Kampagnen zur Desinformation und Manipulation der öffentlichen Meinung gefährden unsere Demokratie. Die Ökonomie von Aufmerksamkeit und Empörung, wie wir sie heute in den sozialen Medien erleben, beschädigt unsere politische Kultur.“

"Wohin sollen wir wechseln, sollte sich alles verschlimmern?"

Der Bayerische Journalistenverband stellte heute via Twitter bereits die Frage in den Raum, ob es als Berufsverband für Journalisten sinnvoll wäre, zum Bloggerdienst Mastodon zu wechseln. Der Gründer des Portals Netzpolitik, Markus Beckedahl, schrieb dazu: „Ich fürchte, dass die EU-Regeln aus dem Digitale-Dienste-Gesetz für große Plattformen möglicherweise nicht für Twitter gelten, weil Twitter seine User in der EU unter 45 Millionen rechnen könnte. Das hätte massive Auswirkungen auf die Regulierung und demokratische Aufsicht. Wohin sollen wir wechseln, sollte sich alles verschlimmern? Das ist nicht einfach zu beantworten. Twitter ist recht alternativlos und das ist ein Problem.“ Ähnlich sehen das auch viele LGBTI*-Kreative, Künstler und auch Hardcore-Content-Creator – nachdem zuletzt Tumblr jedwede erotische Kunst von ihren Seiten verbannte, wurde Twitter zum aktuell letzten großen Zufluchtsort für viele, die damit ihr Geld verdienen. Das betrifft bei weitem nicht nur Pornodarsteller und Studios, sondern auch viele LGBTI*-Künstler von Fotografen, Bildhauern, Malern bis hin zu Autoren, deren Werke überall anders vorschnell gesperrt worden sind. Immer öfter wurden dabei auch die aufkommende Prüderie und unterschwellige Homophobie anderer Social-Media-Dienste wie Instagram kritisiert. TikTok indes fiel immer wieder negativ auf, weil das Unternehmen LGBTI*-Beiträge ohne Kenntnis der Creator für andere User unsichtbar machte. So bleibt aktuell die Frage auch für all jene in der Community noch offen, ob Musks Einkaufssause am Ende Befreiung oder Bestrafung für LGBTI*-Menschen bedeuten wird.

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