Der Druck wächst! Die Kirche von England zwischen Moderne und Vergangenheit
Die Kirche von England kämpft in diesen Tagen wohl um ihr Überleben und sieht sich einer besonderen Zerreißprobe ausgesetzt – im Zentrum dessen steht die Frage, wie die Religionsgemeinschaft künftig mit Homosexuellen umgehen möchte.
Klares Nein zur gleichgeschlechtlichen Ehe
Auf der einen Seite überlegt die britische Regierung ganz ernsthaft derzeit, ein jahrhundertealtes Parlamentsgesetz aufzugeben, das es der Kirche von England bisher erlaubte, sich selbst zu regieren. Die britischen Abgeordneten erwägen den Schritt, weil sich die Kirchenführer bis heute weigern, homosexuelle Paare im Eherecht gleichwertig zu behandeln. Bisher war die Kirche nur zu einem faulen Kompromiss bereit, in dem sie Schwulen und Lesben nur gnädig gestatten wollte, in Einzelfällen nachträglich ihre standesamtliche Hochzeit segnen lassen zu können – und das auch nur, wenn der zuständige Bischof damit einverstanden wäre. Eine Heirat zwischen zwei Männern oder Frauen lehnt die Kirche weiterhin strikt ab.
Bruch in der anglikanischen Weltkirche
Auf der anderen Seite geht genau dieses mehr als müde Eingeständnis gegenüber Homosexuellen vielen Kirchenvertretern in anderen Teilen der Welt bereits schon jetzt zu weit. Die Kirche von England steht der sogenannten anglikanischen Gemeinschaft vor, unter deren Dach sich insgesamt 42 Mitgliedskirchen tummeln. Zwölf dieser Kirchen haben sich jetzt für eine Erklärung zusammengeschlossen, in der sie festhielten, dass sie das Oberhaupt der Kirche von England, Erzbischof von Canterbury Justin Welby, nicht mehr als Anführer (“primus inter pares“) der anglikanischen Weltgemeinschaft anerkennen werden.
Man blicke mit großer Sorge auf die Entwicklungen der Mutterkirche – durch die Segnung von homosexuellen Paaren habe die Kirche von England sich disqualifiziert, um weiterhin die anglikanische Glaubensgemeinschaft mit weltweit rund 80 Millionen Menschen anzuführen. Die meisten der Kirchen, die jetzt zur offenen Rebellion aufrufen, sind auf dem afrikanischen Kontinent ansässig.
Ein Ausweg scheint chancenlos
Die Kirche von England scheint diese Zerreißprobe nicht überleben zu können. Beharrt sie auf der Ablehnung von Homosexuellen, entzieht ihnen die britische Regierung die bisherigen Sonderrechte – damit darf die Kirche keine eigenen Gesetze erlassen und muss sich an das britische Gleichstellungsgesetz halten. Ergo, die Kirche ist dann rechtlich dazu verpflichtet, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. Geht sie freiwillig den Schritt in die Moderne, wird der jetzt bereits begonnene Bruch der anglikanischen Gemeinschaft ebenso weiter voranschreiten.