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Athleten als Lustobjekt?
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Athleten als Lustobjekt? Beulen, Rundungen und männliche Objektivierung – ist damit nun Schluss?

ms - 27.03.2025 - 10:00 Uhr

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir gestehen, dass viele schwule Männer sportliche Wettkämpfe auch deswegen besonders gerne im Fernsehen verfolgen, weil die Herren dort eng und gut verpackt sind – das lässt mitunter wenig Raum für Spekulationen, aber umso mehr Platz für die Fantasie. Für einige männliche Sportler ist diese Art der intimen Fleischbeschau aber offensichtlich nicht immer schön, sie fordern jetzt Abhilfe. In den USA startete darüber jüngst eine neue Debatte, die aktuell auch Deutschland erreicht.  

Keine Beule, keine Rundungen mehr 

Vorreiter ist dabei derzeit Frederick Richard, ein US-Turner der Universität Michigan, der bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris im Mehrkampf der Männer an den Ringen ins Finale kam – damals noch bekleidet mit dem klassischen Turnanzug. Nun trat er beim USA Gymnastic Winter Cup erstmals mit einem locker sitzenden Tank-Top und basketballähnlichen Shorts auf, sodass die bekannte Beule im Schritt und die ausgeprägten Rundungen am Hinterteil vermieden wurden. Richard verstieß damit gegen die Bekleidungsvorschriften und kassierte einen Punktabzug – doch das war ihm offenbar nicht so wichtig wie ein Statement zu setzen. 

„Ich mache dies für mein 10-jähriges Ich, das sich in Strumpfhosen unwohl fühlte und dem es peinlich war, den Leuten zu sagen, dass ich einen Mädchensport betreibe. Und ich mache es für jedes Kind, das sich heute noch so fühlt. Ich habe es mir zum Ziel gesetzt, diesen Sport zu verändern, denn kein Junge sollte diese Unsicherheiten in einem so tollen Sport wie diesem spüren. Die Welt und die Kultur haben sich verändert. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich auch der Sport und die Trikots ändern“, so Richard.

Ein Akt wider Willen? 

Der Fall sorgt seitdem international für Gesprächsstoff, die bekannte Sport-Reporterin Rebecca Schuman erklärte dazu: „Obwohl sich der Sport selbst stark verändert hat, seit er von den alten Griechen gestaltet wurde, die noch andere Vorstellungen von Männlichkeit und Nacktheit hatten und einen perfekten männlichen Körperbau präsentieren wollten, zeigt das vorgeschriebene Outfit im Sport immer noch alles. Jeder, der jemals dem Männerturnen zugeschaut hat, hat im Grunde immer eine Akt-Darstellung gegen den Willen des Sportlers zu sehen bekommen. Die derzeitige Kombination aus Unterhemd und Strumpfhose zeigt in aller Deutlichkeit die Ausbeulung vorne und die markanten Umrisse des männlichen Gesäßes.“ 

Objektivierung von jungen Athleten? 

Die Einstellung wird nicht von allen geteilt, mehr noch, Kritiker der aktuellen Trikots seien homophob, immerhin hätten jene junge männliche Athleten offenbar nur Angst, zum Objekt für manche Zuschauer zu werden – ein Aspekt, mit dem sich weibliche Sportlerinnen seit Jahrzehnten herumschlagen müssen, ohne dass jemand ernsthaft Anstoß daran findet. Wenn die Jungs also auch „alles zeigen müssen“, sei das schlicht Gleichberechtigung. Die amerikanischen Turner sollten sich nicht so anstellen und ihre landeseigene Prüderie endlich überwinden, so die Kritik mancher Sportkommentatoren aus Deutschland. 

Daneben bildet sich aktuell eine zweite Bewegung innerhalb des Sports heraus, deren Anhänger fordern, dass männliche Turner künftig gänzlich oberkörperfrei antreten sollten. Ein prominenter Verfechter davon ist der frühere Olympia-Star Sam Mikulak. Gegenüber dem Wall Street Journal betonte er: „Die Leute machen sich über uns lustig, weil wir keine Unterwäsche tragen. Sie machen sich über uns lustig, weil wir Strumpfhosen tragen. Aber wenn sie sehen würden, wie gut wir in Form sind, würde das vielleicht einen Unterschied machen.“ 

Der bekannte schwuler US-Turner Sam Phillips meldete sich daraufhin jetzt ebenso zu Wort: „Es gibt absolut keine Nachteile, wenn man ohne Shirt antritt. Wir trainieren ohne Hemd und würden es vorziehen, ohne Hemd und mit 5-Zoll-Naht-Trainingsshorts anzutreten. Darin fühlen wir uns am wohlsten. Schwimmer trainieren ja auch nicht in Badehosen und nehmen dann an Wettkämpfen mit anderer Kleidung teil, oder? Warum sollten wir also ändern, was wir tun?“, so Phillips gegenüber Outsports. 

Künftig einfach komplett nackt? 

Andere wiederum verweisen ebenso auf die alten Griechen und schlagen augenzwinkernd vor, die männlichen Turner sollten einfach künftig komplett nackt antreten, so, wie es in Griechenland einst tatsächlich an der Tagesordnung war. Die Athleten der antiken Olympischen Spiele kämpften nackt – mehr noch, die zahlreichen Götterstatuen sollen sogar den Olympioniken vergangener Tage und ihren perfekten Körpern nachempfunden worden sein. 

Die Ursprünge für die Nacktheit der Athleten geht etwa auf das Jahr 720 vor Christus zurück. Die Theorie geht dahin, dass sich bei Wettkämpfen zuerst einzelne Läufer entkleideten, weil der Lendenschurz sie ausbremste. Komplett nackt konnten sie indes die besten Ergebnisse erzielen. Vielleicht, so die Vermutung mancher Kommentatoren online, haben einige US-Sportler auch deswegen plötzlich ein Problem mit ihren Trikots, weil eine gewisse Verbindung zur Homosexualität zumindest geschichtlich nicht ganz zu leugnen ist. Es war durchaus erwünscht, dass nackte Männer ob als Statuen wie auch live bei Wettkämpfen im alten Griechenland eine sexuelle Erregung hervorrufen durften. Homosexualität erfüllte eine wichtige soziale Funktion und schützte die „Unberührbarkeit der Frauen“. Sicher ist derzeit nur, die Debatte dürfte weitergehen – und schwule Jungs hätten mit Sicherheit nichts dagegen, wenn sich die Turner künftig ganz ihrer Oberteile entledigen würden.  

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