Lassen sich nicht aufhalten Rund 50.000 Menschen bei Pride-Parade in Seoul
Am Wochenende demonstrierten etwa 50.000 Personen in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul für die Rechte von LGBTI*. Höhepunkt der Feierlichkeiten war die jährlich stattfindende Seoul Queer Parade – eine der größten Veranstaltungen ihrer Art in ganz Asien. Die Teilnehmenden marschierten trotz drückender Hitze durch die Innenstadt der Metropole. Viele von ihnen trugen bunte Outfits und hatten Regenbogenfahnen dabei. Das diesjährige Motto war „Bloom, Queer Nation!“
Proteste gegen Ehe für alle in Südkorea
Zum ersten Mal seit 2015 durften sich die Demonstrierenden nach der Parade nicht auf dem Platz direkt vor dem Rathaus versammeln. Dieser ging stattdessen an einige tausend Gegendemonstrierende. Diese hatten sich in den vorherigen Jahren stets um den Platz herum versammelt. Sie forderten lautstark „keine gleichgeschlechtliche Ehe“ und untermauerten ihren Appell mit Schildern mit Aufschriften wie: „Die Ehe ist ein Bund zwischen Mann und Frau“.
Damit protestierten sie gegen einen Gesetzesentwurf zur Ehe für alle, der vor einem Monat ins südkoreanische Parlament eingebracht wurde (SCHWULISSIMO berichtete). Aktuell berät sich ein Ausschuss zu dem Entwurf. Leider scheiterten zahlreiche LGBTI*-freundliche Gesetzesvorhaben in den letzten 15 Jahren am Druck durch konservative und christliche Gruppen.
Unterstützung durch Botschaften
Auch deshalb engagierten sich dieses Jahr zahlreiche Botschafterinnen und Botschafter anderer Länder für die LGBTI*-Community. So erklärte beispielsweise der deutsche Botschafter Michael Reiffenstuel laut DW: „Indem wir uns an diesem Festival beteiligen, wollen wir unsere unerschütterliche Unterstützung für die koreanische LGBTI*-Community zum Ausdruck bringen.“ Gemeinsam mit anderen Botschaften organisierte er einen der etwa 60 Info-Stände der Veranstaltung.
Pride trotzt Blockaden
Vorsitzende Holic Sunwoo Yang vom Organisationskomitee des Seoul Queer Culture Festivals dachte sich schon, dass die Stadt sich dieses Mal überlegen würde, ob sie der Pride wieder eine Genehmigung für ein Treffen auf dem Rathausplatz erteilt. Doch dass der Platz stattdessen für ein Jugendkonzert an eine konservative, christliche Gruppe gehen würde, hätte sie nie gedacht.
„Wir waren zuerst schockiert“, so Yang laut Washington Post. „Doch wir waren entschlossen, die Pride zu veranstalten, wo wir auch können – ungeachtet der Blockaden.“ Also holten die Veranstalter eine Genehmigung ein, um das Event im Viertel Euljiro in der Innenstadt abhalten zu dürfen.
Konzert-Veranstalter dementiert
Der südkoreanische Sender Christian Television System, der oft LGBTI*-feindliche Inhalte zeigt, wies die Anschuldigung zurück, das Konzert absichtlich am Datum der Pride-Parade geplant zu haben, um diese zu verhindern. Seouls konservativer Bürgermeister Oh Se-hoon erklärte hingegen bereits seine Einstellung zur Homosexualität: Er könne sie einfach „nicht gutheißen“. Eine Interview-Anfrage der Washington Post zur Terminvergabe des Rathausplatzes lehnte er ab.
Fortschritt durch Unterdrückung
Laut Soziologie-Professorin und Frauenrechtsexpertin Na-Young Lee von der Chung-Ang University führte die Sichtbarkeit von LGBTI*-Personen im öffentlichen Raum zu Repressionen durch die Behörden. Das habe jedoch auch eine gute Seite, da die Behörden damit die Existenz der LGBTI*-Community bestätigten und nicht einfach ignorierten. „Die Medien fangen an, genauer hinzuschauen“, erklärte sie. Das eröffne politisch Aktiven neue Möglichkeiten: „Wir sehen, dass diese Dynamik, die durch Unterdrückung und Widerstand entstand, in gewisser Weise dazu beitrug, LGBTI*-Rechte weiter voranzutreiben.“