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LGBTI* im Schraubstock
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LGBTI* im Schraubstock Hetze und Gewalt gegen Homosexuelle nehmen in Bulgarien massiv zu!

ms - 16.06.2023 - 14:00 Uhr

Bulgariens Politik steckt in der Krise – Ende Mai haben sich die beiden größten Parteien zähneknirschend aus grundsätzlich gegensätzlichen Lagern auf eine Regierungskoalition geeinigt. Für die LGBTI*-Community in Bulgarien indes bedeutet die politisch angespannte Situation eine dramatische Verschlechterung. Sie befindet sich sozusagen im Schraubstock unterschiedlicher politischer Interessen und Strömungen. 

Regierungskoalition ist tief zerstritten

Die Regierungsbildung im Land gleicht dabei einem Versuchslabor: Nachdem die stärkste Partei GERB mit einer Regierungsbildung im Parlament gescheitert war, überlässt sie nun fast alle Ministerposten einem Fraktionsbündnis aus zwei Lagern, die sich für Demokratie und gegen Korruption einsetzen wollen. Sozusagen als Gegenleistung darf die GERB mitregieren. Es ist die bisher beste Lösung, zu der das Land nach fünf gescheiterten Parlamentswahlen in zwei Jahren noch in der Lage war.

Eklat beim schwul-lesbischen Filmfestival

Unter die Räder scheint dabei immer mehr die LGBTI*-Community zu kommen, keiner setzt sich für sie ein! Bereits im Vorfeld des geplanten Sofia Pride an diesem Wochenende hatte es massive Probleme gegeben. So kam es im Rahmen des Sofia Pride Film Festivals zum Eklat, vorgeführt werden sollte der Film „Close“, ein preisgekröntes Drama um die besondere Freundschaft zweier 13-jähriger Jungs.

Die Veranstalter hatten dazu um Schutz seitens der Polizei gebeten – diese kam auch, doch als Mitglieder der homophoben Partei EKR (Europäische Konservative und Reformisten) vor Ort eintrafen, gelangten sie ungehindert in den Kinosaal und versuchten dort, alle Besucher zu fotografieren. Denitsa Lyubenova, Rechtsanwältin und Mitorganisatorin des Sofia Pride, dazu: „Es war furchtbar. Als ich sah, wie die Polizei diese riesigen Hooligans die Hand schüttelte, wusste ich, dass wir nicht mehr sicher sind. Alles, woran ich denken konnte, war, alle sicher da raus zu bringen!“

Keine „Schwulenparade“ in Sofia erwünscht

Bereits Stunden vor der Veranstaltung hatten Mitglieder online gegen den preisgekrönten Spielfilm gehetzt und ihn als „Werbung für Pädophilie“ verunglimpft. Im Kinosaal selbst beschimpften sie die anwesenden Gäste direkt als „Pädophile“ und skandierten lautstark: „Wir wollen keine Schwulenparade in unserer Stadt“. Die Situation spitzte sich daraufhin auch außerhalb des Veranstaltungshauses weiter zu, immer mehr Menschen trugen Plakate mit Aufschriften wie „Stoppt den LGBT Virus“ und „Toleranz ist nicht dasselbe wie Pädophilie!“.

Die versammelte Menge sowie die Weigerung der Polizei, die Demonstranten aus dem Kinosaal zu entfernen, zwangen die Veranstalter schlussendlich dazu, die Vorführung abzusagen. Nachdem klar war, dass die Randalierer auch an den kommenden Tagen erneut kommen wollten, wurde erstmals in der Geschichte das LGBTI*-Festival ganz abgesagt.

Hass und Hetze gegen Homosexuelle

Es ist ein langer Kampf um mehr Rechte für homosexuelle und queere Menschen in Bulgarien. Zwar wurde Homosexualität bereits 1968 entkriminalisiert und seit 2003 gibt es offiziell sogar einen Diskriminierungsschutz, doch sieht die tatsächliche Lage im Land anders aus – eine Community gibt es sowieso größtenteils nur in Sofia, hier fand 2008 auch erstmals der Gay-Pride statt. Beinahe jedes Jahr kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen seitens nationalistischer und rechtsradikaler Gegendemonstranten, gerne heizt auch die katholische Kirche die Situation seit Jahren weiter an.

Russische Anti-Homosexuellen-Propaganda in Bulgarien

"Wir brauchen internationale Unterstützung. Bulgarien ist Teil der Europäischen Union und des Europarates. Wir müssen wissen, dass wir durch die gemeinsamen Werte und Menschenrechtsverpflichtungen, die wir nach dem Beitritt eingegangen sind, geschützt sind. LGBTI*-Personen sind eines der Hauptziele der russischen Propaganda in Bulgarien. Dazu gehört, dass unsere Gemeinschaften als gefährlich für Kinder dargestellt werden – eine  jahrhundertealte Strategie zur Ausgrenzung von Minderheiten. Leider sind die Fortschritte der letzten 15 Jahre bei der Aufklärung der breiten Gesellschaft nicht sehr fruchtbar gewesen, und Bulgarien ist nach wie vor sehr anfällig für Verschwörungstheorien und Mob-Mentalität", so Stoyanov abschließend. 

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