Hass im Netz Sperrung von Profilen künftig möglich - eine gute Idee?
Seit Jahren wird immer wieder über das Thema Hass im Netz diskutiert – wie kann man der Flut von verbalen Angriffen wirklich wirksam entgegentreten? Gerade Homosexuelle wie auch queere Menschen wurden in den letzten Jahren vermehrt Opfer dieser Attacken, die an Intensität und Gewalt noch zugenommen haben – ebenso wie die Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen im Generellen. Das Bundesjustizministerium plant nun nach Angaben der ARD deutlich schärfere Konsequenzen. Ziel sei es dabei, Social-Media-Konten künftig langfristig sperren zu lassen, wenn die Nutzer andere User „schwerwiegend wiederholt persönlich angreifen“.
Accountsperre per Gerichtsbeschluss
Das Bundesjustizministerium unter Minister Marco Buschmann (FDP) ist so offenbar der Auffassung, dass das bisherige Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nicht mehr ausreiche, mit deren Hilfe rechtswidrige Inhalte bereits von den Plattformen gelöscht oder diese gesperrt werden können. Mit dem geplanten „Gesetz gegen digitale Gewalt“ sollen dabei auch die „Lücken bei Auskunftsrechten“ für Betroffene abgebaut werden, sodass künftig sogar „richterlich angeordnete Accountsperren“ möglich sein sollen. Kernpunkt ist dabei die Idee, dass Menschen dann „unter gewissen Voraussetzungen“ per Gericht eine Accountsperre verlangen können.
Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnen Verletzungen?
Wichtig sei dabei weiter, dass es sich um „notorische Rechtsverletzer im digitalen Raum“ handle und die Taten eine „schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung“ darstellen, weswegen eine Sperre „verhältnismäßig“ sein muss. Genau diese Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, dürfte künftig der Knackpunkt und Frage vieler juristischer Feinheiten sein – was für den einen eine vielleicht schärfere Meinungsäußerung darstellt, kann ein anderer bereits als besondere Verletzung der Persönlichkeit interpretieren.
Auch deswegen soll eine Accountsperre nur dann zum Einsatz kommen, wenn andere Möglichkeiten wie die schlichte Löschung eines Posts nicht mehr ausreiche und eine „Wiederholungsgefahr“ bestehe. Zudem muss vorab der Accountinhaber über eine mögliche Sperre hingewiesen und ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Wie lange so ein Profil dann tatsächlich gesperrt werden darf, ist noch offen und wird mit den Worten „für einen angemessenen Zeitraum“ sehr frei interpretierbar beschrieben. Einige Juristen erklärten gegenüber der ARD, sie würden sich eine dauerhafte Sperre wünschen.
Wo bleibt der Datenschutz?
Kritik kommt bereits jetzt von verschiedenen Lagern – einerseits wird bemängelt, dass eine solche Sperre zu einer rabiaten Einschränkung der Meinungsfreiheit führen könnte, andererseits kommt Kritik auf, weil das Gesetz in seiner derzeitig angedachten Form wohl nur in Fällen von hartnäckigem digitalem Stalking oder Cybermobbing überhaupt greift. Heikel dürfte auch die Frage nach dem internationalen Datenschutz werden, denn nach Plänen des Bundesjustizministeriums sollen Social-Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook in diesen Fällen bei anonymen Profilen auch die Nutzungsdaten wie die IP-Adresse herausgeben müssen.
Klagewelle möglich oder nicht?
Weiter plant das BMJ, dass für diese Auskunftsverfahren keine Gerichtskosten anfallen sollen. Für die einen der richtige Schritt, um mögliche Hürden seitens potenzieller Opfer abzubauen, für die anderen eine gefährliche Ausgangssituation, die dazu führen könnte, dass tausende Nutzer andere User auch bereits wegen möglichen Bagatellen anzeigen könnten. Klar scheint nur, die Diskussionen rund um Hass im Netz dürften auch mit einem möglichen neuen Gesetz nicht so schnell abebben.