Direkt zum Inhalt
Erfolgsmodell PrEP?

Erfolgsmodell PrEP? Stagnation im Kampf gegen HIV in Amerika

ms - 21.03.2023 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Seit rund einem Jahrzehnt gibt es die PrEP in den USA – das erste Fazit jetzt fällt bitter aus. Kurzum, die Präventionspille gegen HIV helfe viel, komme aber viel zu wenig zum Einsatz. In vielen Teilen Amerikas stagnieren die Bemühungen, HIV-Neuinfektionen mit Hilfe der PrEP einzudämmen. HIV-Fachleute in den USA sind sich inzwischen einig darüber, dass dieses Defizit eines der Hauptgründe dafür ist, dass die Nation bei der Bekämpfung von HIV immer mehr hinter vielen anderen Ländern zurückbleibe. Die PrEP hat zwar dazu beigetragen, die HIV-Raten in einigen Städten wie etwa New York, San Francisco und Seattle zu senken, auf nationaler Ebene hat die Pille jedoch keinen nennenswerten Beitrag geleistet.

Große Popularität unter weißen schwulen Männern

Gegenüber NBC News erklärte so LaRon Nelson, außerordentlicher Professor für Krankenpflege und öffentliches Gesundheitswesen an der Yale University: „Wir befinden uns in einer wissenschaftlichen Krise der HIV-Prävention!“. Dabei beklagt Nelson die Kluft zwischen der beeindruckenden Leistung der PrEP in großen Studien und ihrer mäßigen Wirkung in der Praxis. Positiv zu vermerken sei allerdings, dass die PrEP eine beachtliche Popularität erlangt habe - allerdings nur bei weißen schwulen und bisexuellen Männern, die seit langem eine sinkende HIV-Rate aufweisen.

PrEP-Krise in der schwarzen Gay-Community

Wesentlich dramatischer sehe die Lage bei schwarzen und lateinamerikanischen schwulen Männern und zwar trotz landesweiter Kampagnen zur Förderung der PrEP aus. Noch immer haben schwarze schwule Männer die höchsten HIV-Infektionsraten in den USA, ein Rückgang der hohen Fallzahlen kann bis heute nicht verzeichnet werden. Gewollt oder ungewollt, habe die PrEP so in gewisser Weise sogar die Rassenungerechtigkeit im Land noch verstärkt. 69 Prozent der PrEP-Nutzer sind inzwischen Weiße, 18 Prozent Latinos und nur neun Prozent Schwarze.

Beinah jeder zweite schwule Neu-Infizierte ist schwarz

Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) machen 70 Prozent aller Neu-Infektionen in den USA schwule und bisexuelle Männer (MSM) aus. Insgesamt kommt es binnen eines Jahres zu rund 35.000 neuen HIV-Übertragungen, rund 22.000 davon entfallen auf MSM. Von diesen 22.000 Neu-Infizierten sind rund 23 Prozent Weiße, 41 Prozent Schwarze und 36 Prozent Latinos. Die Gründe für diese massive Schieflage sind nach Angaben der CDC mannigfaltig.

Vorurteile und Skepsis befeuern Lage

In einigen Bundesländern weigern sich Versicherungsgesellschaften unter gewissen Aspekten, die PrEP überhaupt zu bezahlen. In anderen Fällen werden die Tabletten nach einem kurzen Zeitraum wieder abgesetzt oder die Einnahme wird vergessen. Gerade unter schwulen schwarzen Menschen ist zudem das generelle Angebot von Gesundheitseinrichtungen besonders prekär. Oftmals gebe es auch noch in gewissen Communitys mit mehrheitlich schwarzen Bürgern oder Latinos große Vorurteile gegenüber Homosexualität oder Skepsis über jedwede Gesundheitsvorsorge wie der PrEP. Auch für Selbstzahler schwanken die jeweiligen PrEP-Präparate je nach Anbieter von 25 US-Dollar im Monat bis zu 600 US-Dollar monatlich.

Einfache Einnahme könnte Game-Changer werden

Pharmaunternehmen arbeiten derzeit deswegen auch an medikamentösen Zäpfchen, die bis zu 48 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingeführt werden und gegen HIV wirken können, sowie an langanhaltenden Implantaten, die die tägliche Einnahme obsolet machen würden. Eine andere Herangehensweise ist eine PrEP-Injektion mit einer Haltbarkeit von sechs Monaten. Wahrscheinlich wird es aber noch mehrere Jahre dauern, bis diese oder ähnliche Produkte tatsächlich breitenwirksam überhaupt zum Einsatz kommen können.    

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.