Direkt zum Inhalt
Homosexualität in der kultigen Zeichentrickserie

Lisa Simpson, eine Lesbe? Droht Ungemach von Seiten besorgter christlicher Mütter?

ms - 05.10.2022 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Es gibt Sendeformate, Filme und auch ganze Serien, da wirkt die Einarbeitung von queeren oder homosexuellen Figuren etwas gekünstelt, gerade auch, wenn historische Stoffe verfilmt werden oder die Geschichten in mittelalterlichen Tälern fernab der Zivilisation in einer Fantasiewelt zwischen Elfen, Drachen und bösen Magiern spielen. Seitdem sich auch Amazon Prime dazu bekannt hat, bei der künftigen Rollenvergabe darauf zu achten, ob die Lebenswelt der fiktiven Rolle mit dem Privatleben des Schauspielers zusammenpasst, um der Falle der kulturellen Aneignung einerseits zu entgehen und andererseits größtmöglichen Impact auf die werberelevante moderne LGBTI*-Community zu erzielen, schießen auch andere kreative Köpfe im Film-Business selbstbewusst übers Ziel hinaus.

Da kommt die Frage um die sexuelle Orientierung der gelben Zeichentrick-Figuren der Simpsons beinahe altbacken daher – und trifft vielleicht gerade auch deswegen einen Nerv, weil Homer, Marge, Bart, Lisa und Maggie für zwei Generationen fest mit ihrer Kindheit und Jugend verwoben sind. Seit 1989 flimmert die gelbe Chaosfamilie um Vielfraß Homer über die TV-Bildschirme, inzwischen in der 34. Staffel. The Simpsons ist damit die am längsten laufende US-Zeichentrick- und Primetime-Serie der Welt. Nun hat sich Produzent und Drehbuchautor Al Jean über die sexuelle Orientierung von Lisa Simpson geäußert und erklärt, er könne sich gut vorstellen, dass die hochbegabte, alterslose achtjährige Baritonsaxophonspielerin, Vegetarierin, Buddhistin und Umweltschutzaktivistin lesbisch oder bisexuell sein könnte. Fürwahr, Anzeichen gab es in der Vergangenheit bereits reichlich, doch zwischen Vermutung und Bestätigung liegen zumindest beim US-Zuschauerpublikum mindestens stets eine empört-aufgebrachte, christlich-fundamentale Gruppe bibeltreuer Mütter. Insofern hat die Ankündigung der Überlegung einer Idee bereits politisches Sprengpotenzial, noch dazu, wenn es sich um eine Zeichentrickserie handelt und die US-Zwischenwahlen vor der Tür stehen.

Merke: Politik ist eben immer auch da, wo jemand bereits empört ist. Dass mit Lisa etwas “nicht stimmt“, wussten Fans der Serie natürlich bereits in Staffel 17, als Lisa als Junge verkleidet in die Schule ging. Heute würde man sagen, sie ist queer, damals war sie einfach nur ein Mädchen in Jungs-Klamotten. Al Jean erklärte dazu gegenüber dem Onlinemagazin Digital Spy, dass er es für gut möglich halte, Lisa alsbald als Teil der LGBTI*-Community darzustellen: “Sie ist offen und, wie wir alle wissen, jemand, der alles zu lieben in der Lage ist. Also warum nicht?“ Bevor die Telefone und Faxe der besorgten kirchlichen Mütter heiß liefen, schob Al Jean allerdings noch nach, dass die Geschichte aber auch dann nicht über eine rein platonische Freundin für Lisa hinausgehen würde. Da in aktuellen Folgen sowie in der Vergangenheit immer mal wieder auch ein Blick in die Zukunft der Familie Simpson geworfen wurde, bestehen auch weitere Möglichkeiten für Lisa mit Blick auf ihre sexuelle Orientierung: bisexuell oder polyamor wären ebenso denkbar. Für Simpsons-Fans ist klar, dass es so kommen wird, denn die Serie habe schon immer den gesellschaftlichen Wandel aufgezeigt, zudem wollen LGBTI*-Aktivisten bereits über 200 Charaktere in der Zeichentrickserie gezählt haben, die nicht der heterosexuellen Norm entsprechen würden, allen voran natürlich der schwule Waylon Smithers, der Gehilfe des geldgeilen Mr. Burns. Die besorgten Mütter können trotzdem aufatmen, denn Lisa ist seit 1989 durchwegs acht Jahre alt – bis die ersten heiklen, lesbischen Sexfragen aufkommen, dürften also noch ein paar Jahre ins Land gehen. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Mord in Hollywood

Harry und Sally-Regisseur und Frau

Regisseur Rob Reiner und seine Ehefrau Michele Singer wurden ermordet – beide unterstützten tatkräftig Schwule und Lesben. Tatverdächtig ist ihr Sohn.
Aktion „I Am Not Propaganda“

Weltweit Proteste gegen Hass-Gesetz

Am vergangenen Wochenende demonstrierten vor zahlreichen Botschaften aus Kasachstan Menschen gegen das geplante Anti-LGBTIQ+-Gesetz im Land.
Proteste in Budapest

Kritik an Ministerpräsident Orbán

Ein Skandal erschüttert Ungarn: Über 50.000 Menschen forderten am Wochenende den Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Orbán.
Nouripour kritisiert FIFA

Debatte um Pride-Spiel 2026

Bundestags-Vizepräsident Nouripour kritisierte die FIFA und sagte zum Pride-Spiel 2026 zwischen Iran und Ägypten: Die „Mullahs“ müssten das aushalten.
Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.