Vorurteile im Kampf gegen HIV Christliche Anführer in Uganda verhindern HIV-Versorgung für Schwule
Laut einer neuen Studie hat die religiöse Homophobie in Uganda den Fortschritt im Kampf gegen HIV und AIDS erheblich erschwert. Die Untersuchung, die von der Universal Coalition of Affirming Africans Uganda in Zusammenarbeit mit der Friends of Canon Gideon Foundation und mit Unterstützung von UNAIDS durchgeführt wurde, beleuchtet, wie religiöse und kulturelle Einstellungen gegenüber Homosexuellen den Zugang zu HIV-bezogenen Gesundheitsdiensten behindern.
Der negative Einfluss von Religionen
Die Studie zeigte auf, dass homosexuelle und queere Menschen, die mit HIV leben, aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit inklusiver Dienstleistungen immer mehr in Gefahr sind. Religiöse Überzeugungen und religiöse Führer stellen dabei eine vehemente Barriere für den Zugang zu Pflege dar. Geprägt von tief verwurzeltem religiösem, kulturellem, rechtlichem und persönlichem Glauben werden die Betroffenen häufig gemieden, bloßgestellt, gedemütigt und ihnen sogar der Zugang zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung verweigert. Uganda ist überwiegend christlich geprägt, wobei Katholiken und Protestanten (Anglikaner, Pfingstkirchen) mit rund 85 Prozent die deutliche Mehrheit bilden, Muslime sind mit rund 15 Prozent in der Minderheit.
Hass von christlichen Führern
Laut den Ergebnissen der Studie berichteten 75 Prozent der befragten homosexuellen Personen, dass religiöse Gläubige ihre sexuelle Orientierung als „Fluch“ wahrnehmen und sie deswegen verurteilen. Außerdem sagten sie, dass Religion und Glaube eine wesentliche Rolle bei der Bildung negativer öffentlicher Wahrnehmungen ihrer sexuellen Orientierung spielten. Wenig überraschend haben homophobe Politiker und religiöse Führer auch zentralen Anteil an der Einführung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes 2023, das homosexuelle Handlungen mit hohen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe ahndet.
„Ich bin ein gläubiger Mensch, und ich weiß, dass Allah uns Liebe und freien Willen als das größte Geschenk an die Menschheit gegeben hat. Leider haben einige Menschen nicht anerkannt, dass Liebe frei von Geschlecht ist und dass niemand die Wahl oder den freien Willen eines anderen kontrollieren sollte“, zitierte der Studienbericht einen Befragten.
Jahrelange Attacken auf Schwule und Lesben
Der Kampf gegen Homosexuelle existiert dabei seit Jahren im Land, bereits 2009 gab es so mehrtätige Konferenzen des Family Life Networks und Vertretern von Exodus International, bei denen behauptet wurde, Homosexuelle hätten eine bösartige Agenda, die Welt zu übernehmen und die Familie zu vernichten. In direkter Folge daraus entstanden die ersten Gesetzentwürfe, die 2023 im umgangssprachlichen „Kill The Gays“-Gesetz mündeten.
Berichte von mehreren Menschenrechts-Organisationen zeigen dabei klar auf, dass das Gesetz seitdem die Lebensbedingungen von homosexuellen Ugandern mit und ohne HIV weiter verschärft hat – die Stigmata und Gewaltandrohungen haben überdies massiv zugenommen und vielen HIV-Positiven wurde der Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten ganz verweigert. Konstruktive Dialoge zwischen LGBTIQ+-Rechtsaktivisten, politischen Entscheidungsträgern, Dienstleistern im Gesundheitswesen und HIV-Experten wurden ebenfalls behindert. Die Befürchtung ist dabei stets, dass solche Gespräche als „Förderung der Homosexualität“ angesehen werden, was nach dem neuen Gesetz verboten ist und von religiösen und spirituellen Führern überdies als sündhaft betrachtet wird.
Kirchen fördern Konversionstherapien
Besonders perfide: Rund 70 Prozent der religiösen Einrichtungen bieten zwar auch HIV-Dienste an, allerdings nur für heterosexuelle Menschen. Vermeintlich und tatsächlich homosexuelle Patienten werden gezwungen, eine Konversionstherapie zu vollziehen oder sie werden direkt von jedweder Hilfe ausgeschlossen. Professionelle Gesundheitsarbeiter, die versuchen, HIV-Dienste für queere Personen anzubieten, geraten häufig in Konflikt mit Geistlichen, Kollegen, Familienmitgliedern und Gemeinschaften, die fälschlicherweise glauben, dass Homosexualität „unheilig“ ist.
Einige Schwule haben sich laut der Untersuchung dafür entschieden, ihre sexuelle Orientierung oder ihre HIV-Diagnose nicht zu offenbaren, um in religiösen, staatlichen oder privaten Gesundheitseinrichtungen aufgenommen zu werden. Andere haben zum Atheismus gewechselt, um der ständigen Überprüfung und Verurteilung durch religiöse Gemeinschaften zu entkommen, während einige hartnäckig an ihrem Glauben festhalten und das Stigma als eine Fehlinterpretation religiöser Lehren ablehnen.