Häusliche Gewalt gegen LGBTIQ+ Gewalt in Familien oder Partnerschaften bei queeren Menschen
Die queere Hilfsorganisation Open Doors schlägt in Australien Alarm – immer öfter kommt es in Down Under zu häuslicher Gewalt gegenüber jungen LGBTIQ+-Menschen. Mangelnde Ressourcen und kaum sichere Zufluchtsorte dramatisieren die Lage überdies. Das Thema müsse raus aus dem Tabu – und habe gerade an den Feiertagen zum Ende des Jahres eine besonders hohe Brisanz.
Keine Hilfsangebote für LGBTIQ+
Häusliche und familiäre Gewalt kennen viele homosexuelle und queere Jugendliche, so Rachel Hinds, Geschäftsführerin von Open Doors. Das besondere Problem dabei: „Es gibt keine speziellen Anlaufstellen für Schwule, Lesben oder auch trans* Menschen. Wenn eine homosexuelle Person die Notfall-Hotlines anruft, weiß sie oft nicht, ob das Gegenüber wirklich Verständnis hat und wie dieser Berater reagieren wird. Wenn eine nicht-binäre Person oder eine trans* Frau die Hotline anruft, scheitert es oftmals schon an der Frage, welche Zweigstelle der Hotline sie denn anrufen so? Jene für Männer oder jene für Frauen? Das alles erschwert die Lage sehr“, so Hinds. Besondere Helplines nur für die Community gibt es bis heute nicht.
Schmetterlingsgefühle werden zu emotionaler Ausbeutung
LGBTIQ+-Menschen erleben dabei nicht „nur“ innerhalb ihrer eigenen Familie Gewalt, sondern durchaus auch in ihren ersten Beziehungen. Die Organisation hat die Aussagen mehrerer Betroffener nach Rücksprache unter Pseudonym veröffentlicht, um die Debatte darüber in die Gesellschaft hinauszutragen. „Anfangs ist eine erste große Liebe toll, doch bei nicht wenigen geschieht es, dass sich das in einen Albtraum voll körperlicher Gewalt, emotionaler Kontrolle und finanzieller Ausbeutung verwandelt.“
An den Verein wendeten sich junge Schwule und Lesben unter 20 Jahren, deren Partner sie mittels Ortungs-Apps überwachten und ihnen verboten, berufliche oder sozial-freundschaftliche Kontakte zu haben. „Am Anfang war alles neu und lustig, aber nach drei Monaten begann sich die Lage zu ändern. Er fragte mich, wo ich war, mit wem ich sprach, und kontrollierte sogar den Kilometerstand meines Autos, um zu überprüfen, ob ich wirklich dorthin fuhr, wo ich sagte“, so der schwule Alex, der damals 19 Jahre alt war. Es dauerte drei Jahre, bis er sich aus dieser toxischen Beziehung befreien konnte.
Erste Förderung – Lichtblick für mehr?
Der Bundesstaat Queensland hat das Problem als einer der ersten erkannt und dem Verein Open Doors jetzt rund 730.000 Dollar an Spenden zukommen lassen, um bis Ende 2026 eine erste Hotline aufzubauen, die sich direkt an queere und homosexuelle Jugendliche wendet. Die jungen Menschen in Not sollen beraten und auch betreut werden, zudem besteht bereits jetzt seit kurzem die Möglichkeit, einzelne Opfer in Unterkünfte aufzunehmen. In den ersten sechs Monaten wurden bereits 153 Jugendliche aufgenommen.
Betroffene und Verein sind sich zwar einig darin, dass damit ein wichtiger erster Schritt getan ist, ausreichend ist dies allerdings noch lange nicht, noch dazu, wo Open Doors aus Brisbane nur in Queensland tätig ist, anderswo in Australien sind queere junge Menschen noch ganz auf sich alleine gestellt.
Scham bei den Opfern
Bei den Opfern von häuslicher Gewalt komme außerdem oftmals auch Scham dazu, wie Carolyn Robinson, Gründerin von Beyond DV, betonte. „Wir müssen sicherstellen, dass alle Hilfsdienste darauf vorbereitet sind, diese Meldungen ohne Vorurteile entgegenzunehmen und einen sicheren Raum zu bieten, in dem diese Menschen Hilfe finden können.“ Dringender denn je brauche es daher Fortbildungskurse im Bereich LGBTIQ+ für die Berater und Beraterinnen am Telefon und überdies digitale Tools, die ebenso wichtige Hilfsmittel sein können.
Trotz der grundsätzlichen Bereitschaft, LGBTIQ+-Menschen hier zu helfen, wie auch die zuständige Minister aus Queensland, Amanda Camm betonte, sei es noch ein langer Weg, jungen queeren Personen eine „angemessene Zuflucht und Unterstützung“ zukommen zu lassen, bekräftigte Open Doors weiter. Das Thema dürfe im ganzen Land nicht weiter tabuisiert werden.