Die sexuelle Orientierung Neue Forschungsergebnisse zur Ausprägung der Sexualität
Im Mai vor 35 Jahren strich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität von der Liste der Krankheiten – daran gedenkt die Community jedes Jahr beim IDAHOBIT. Die Forschung hat sich seitdem weiterentwickelt und will die Frage lösen, wie sich die sexuelle Orientierung beim Menschen wirklich ausprägt. Neue Erkenntnisse lassen jetzt aufhorchen.
Es gibt kein Schwulen-Gen
Grundsätzlich sind biologische und psychosoziale Faktoren ausschlaggebend, ob jemand homo- oder heterosexuell wird, so Klaus M. Beier, Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Berliner Charité, gegenüber der Deutschen Welle. Die menschliche Sexualität zeichne sich dabei durch ihre Vielfalt und Komplexität aus: „Derzeit geht man davon aus, dass es eine Reihe von Faktoren gibt. Bislang ist es nicht gelungen, einen einzigen Faktor zu finden, den man als Ursache für die gleichgeschlechtliche und die gegengeschlechtliche Orientierung einer Person benennen könnte.“
Aus dem Bereich der Biologie beeinflussen so chemische Substanzen wie Pheromone, pränatale und anderweitige Hormone wie Testosteron und die genetische Ausprägung die Sexualität eines Menschen, eines steht dabei fest: Vererbbar ist die sexuelle Orientierung nicht, es gibt nicht das eine „Schwulen-Gen“.
Eine Frage des Schicksals
Inzwischen ist auch klar: Homosexualität kann weder an- noch aberzogen werden. Und auch Puppen, Kleider oder Spielzeugautos können die sexuelle Orientierung von Kindern nicht beeinflussen. Ebenso können Jugendliche wie Erwachsene nicht zur Homosexualität „verführt“ werden, zahlreiche Folgestudien stimmen in dieser Schlussfolgerung laut Beier darin überein.
„Heutzutage ist klar, dass sich niemand seine sexuelle Orientierung aussucht. Es ist eine Frage des Schicksals, nicht der Wahl. Die sexuelle Orientierung – oder das, was Experten als 'sexuelle Präferenzstruktur' bezeichnen – entwickelt sich während der Pubertät, beeinflusst von den Sexualhormonen eines Menschen. Die Sexualität wird in der Pubertät festgelegt – was sie körperlich attraktiv finden und welche Art von sexuellen Interaktionen sie wünschen.“ Steht die sexuelle Orientierung nach der Entwicklungsphase in der Adoleszenz einmal fest, ändert sie sich nie mehr im Leben. Das ist auch dann wahr, wenn Menschen erst in späteren Jahren ihre Homosexualität ausleben oder sich dazu bekennen.
Homosexualität ist natürlich
Eines betont Beier dabei noch einmal besonders gegenüber der Deutschen Welle: Die menschliche Natur ändert sich nicht – und Homosexualität ist natürlich. „Nach den uns vorliegenden Daten machen gleichgeschlechtliche Orientierungen etwa 3-5 Prozent der Bevölkerung aus, und das gilt für alle Kulturen. Die menschliche Sexualität zeichnet sich durch diese Vielfalt aus – und ist nicht anders zu haben!“ Umso trauriger stimmt es da, dass Homosexualität in rund einem Drittel aller Länder weltweit noch immer kriminalisiert wird, der Großteil jener Länder befindet sich in Afrika sowie im Nahen Osten. Auch Konversionstherapien werden angesichts solcher Fakten einmal mehr ad absurdum geführt, bisher sind solche Praktiken nur in zehn europäischen Ländern verboten.