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Facebook, Instagram & Co Was passiert mit meinen digitalen Inhalten nach meinem Tod?

tb - 22.11.2025 - 14:00 Uhr
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Unsere digitalen Spuren enden nicht mit dem letzten Herzschlag. Tag für Tag füllen wir das Internet mit persönlichen Inhalten – von den Familienfotos in der Cloud über Chatnachrichten auf dem Smartphone bis zu Beiträgen in sozialen Netzwerken. Doch was geschieht damit, wenn wir nicht mehr sind? Digitaler Nachlass lautet das Stichwort: All die Online-Konten, Dateien und Profile, die wir hinterlassen. In Deutschland hat jedoch nur etwa ein Drittel der Internetnutzerinnen- und Nutzer überhaupt festgelegt, was mit diesem digitalen Erbe geschehen soll (nur 16 % haben es vollständig geregelt, weitere 16 % zumindest teilweise). Die meisten Menschen verdrängen das Thema – dabei kann es Hinterbliebene emotional und organisatorisch stark belasten.

Viele persönliche Erinnerungen lagern heute digital: Fotos, die kein Fotoalbum mehr füllen, letzte WhatsApp-Nachrichten von Verstorbenen, Social-Media-Profile voller Kommentare und Glückwünsche. Solche digitalen Andenken können für Angehörige unschätzbar wertvoll sein – oder auch schmerzhaft, wenn sie unvorbereitet damit konfrontiert werden. Oft werden Social-Media-Profile Verstorbener zu einem Ort der Trauer: Freunde und Familie teilen dort an Geburtstagen oder Todestagen Gedanken und Abschiedsgrüße. Gleichzeitig möchte nicht jeder, dass nach dem Tod in private Chats oder E-Mails geschaut wird. Tatsächlich sagen 60 % der Internetnutzer in Deutschland, sie wollten nicht, dass jemand nach ihrem Tod auf ihre digitalen Inhalte zugreift. Paradox ist: Ohne Vorsorge geht genau das doch an die Erben über. Im bekannten Fall einer 15-jährigen Berlinerin mussten die Eltern sogar bis vor den Bundesgerichtshof ziehen, um Einblick in das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter zu erhalten. All das zeigt: Es lohnt sich, rechtzeitig zu klären, was mit Facebook, Instagram & Co passiert, wenn man selbst einmal nicht mehr da ist.

Was passiert mit Online-Konten nach dem Tod?

Viele Online-Konten bleiben nach einem Todesfall zunächst einfach bestehen, als wäre nichts geschehen. Die Betreiber von Facebook, Instagram, TikTok und anderen Plattformen erfahren nämlich nicht automatisch, wenn ein Nutzer verstirbt. Bleibt eine entsprechende Meldung aus, laufen Profile, E-Mail-Postfächer oder Abos weiter – mitunter kommen noch Geburtstagsbenachrichtigungen oder Beiträge „von“ der verstorbenen Person, was für das Umfeld irritierend und schmerzhaft sein kann. Erst wenn Angehörige oder Freunde den Tod eines Nutzers melden, schreiten die Dienste ein. Dann stellt sich die Frage: Löschen, einfrieren oder weiterführen?

In der Praxis handhaben große Plattformen den Umgang mit verstorbenen Nutzern unterschiedlich. Ein Überblick über einige wichtige Dienste:

  • Facebook & Instagram: Auf Wunsch können Profile in einen „Gedenkzustand“ versetzt werden oder komplett gelöscht werden. Im Gedenkzustand bleibt das Profil mit dem Zusatz „In Erinnerung an…“ bestehen, ist aber eingefroren; Freunde können meist noch Beileidsnachrichten posten, während private Nachrichten für niemanden mehr zugänglich sind. Facebook erlaubt es außerdem, schon zu Lebzeiten einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der z.B. das Profilbild ändern oder neue Freundschaftsanfragen verwalten darf. Ohne eine solche Vorsorge reicht meist die Meldung eines Freundes plus Sterbeurkunde, damit Facebook oder Instagram das Konto in den Gedenkzustand überführen oder auf Wunsch der Familie löscht.
  • Google & YouTube: Google-Nutzer können einen „Kontoinaktivitäts-Manager“ einrichten. Damit lässt sich festlegen, was mit dem Google-Konto (inklusive Gmail, YouTube etc.) geschehen soll, wenn man eine definierte Zeit lang inaktiv war. So kann man eine Vertrauensperson bestimmen, die im Falle des Todes eine Benachrichtigung erhält und Zugriff auf bestimmte Daten bekommt – oder das Konto wird automatisiert gelöscht.
  • Apple (iCloud): Apple bietet die Möglichkeit, in den Einstellungen einen digitalen Nachlasskontakt zu hinterlegen. Diese Person erhält nach dem Tod – gegen Vorlage der Sterbeurkunde und eines speziellen Zugangscodes – Zugriff auf die in iCloud gespeicherten Daten des Verstorbenen. Dieses Feature wurde eingeführt, um den Angehörigen den Zugriff auf Fotos, Dokumente und andere iCloud-Inhalte zu erleichtern, ohne Apples Datenschutzprinzipien zu verletzen.
  • Twitter (X): Twitter kennt keine Gedenkzustände. Hier können Angehörige lediglich die Löschung eines Accounts beantragen. Dazu müssen sie dem Unternehmen den Tod nachweisen (in der Regel durch Übersenden der Sterbeurkunde); eine andere Nutzung oder Einsichtnahme des Accounts wird von Twitter nicht angeboten.
  • TikTok: Der Video-Dienst bietet bislang weder eine Gedenkfunktion noch ein Verfahren zur Löschung verstorbener Nutzer durch Angehörige. Ist niemand im Besitz der Login-Daten, bleiben TikTok-Profile Verstorbener einfach online – Angehörige können nichts tun, außer vielleicht TikTok formlos zu kontaktieren. Nach etwa 180 Tagen ohne Aktivität stuft TikTok einen Account zwar automatisch als „inaktiv“ ein, doch die Inhalte bleiben weiter öffentlich auffindbar.

Man sieht: Ohne vorherige Verfügung des Nutzers geschieht vieles nach Gutdünken der Plattformen oder Initiative der Angehörigen. Im schlimmsten Fall bleiben Profile unkontrolliert aktiv, was zu unwürdigen Situationen führen kann. Daher lohnt es sich zu wissen, wer nach dem Tod überhaupt Recht auf die Accounts und Daten hat – und was man selbst vorsorglich regeln kann.
 

© iStock / nickbeer

Digitale Vorsorge: Wie kann man seinen Online-Nachlass regeln?

Damit Angehörige im Ernstfall nicht im digitalen Dunkeln tappen, sollte digitale Vorsorge genauso selbstverständlich werden wie eine Patientenverfügung oder ein traditionelles Testament. Aber wie geht man das an? Experten raten zu einem mehrstufigen Vorgehen:

  • Bestimmen Sie eine Vertrauensperson: Überlegen Sie, wer sich im Todesfall um Ihre digitalen Angelegenheiten kümmern soll. Das kann ein Familienmitglied oder enger Freund sein. Ideal ist es, diese Person offiziell in einer Vollmacht oder im Testament als zuständig für den digitalen Nachlass zu benennen. Wichtig: Die Vollmacht sollte „über den Tod hinaus“ gültig sein, damit die Person auch nach Ihrem Ableben handeln darf.
  • Verschaffen Sie sich einen Überblick: Führen Sie eine Liste aller Ihrer Online-Accounts – von E-Mail über Social Media, Cloud-Speicher, Online-Shops, Streaming-Dienste, bis hin zu Banking, Krypto-Wallets oder eigenen Websites. Man vergisst leicht, wo überall man angemeldet ist. Notieren Sie Benutzernamen/Mailadresse und Passwörter zu jedem Konto. Diese Zugangsdaten-Übersicht ist das Herzstück Ihrer digitalen Nachlassplanung.
  • Passwörter sicher hinterlegen: Bewahren Sie die Account-Liste an einem sicheren Ort auf und halten Sie sie aktuell. Sie können z.B. einen versiegelten Umschlag im Tresor deponieren oder – moderner – einen Passwort-Manager nutzen. Passwort-Manager wie KeePass, 1Password & Co. ermöglichen es, alle Passwörter verschlüsselt zu speichern. Sie können Ihrer Vertrauensperson z.B. das Master-Passwort mitteilen oder in Ihrem Testament hinterlegen. Einige Passwort-Manager bieten auch Notfallzugänge an, bei denen nach einer gewissen Inaktivitätszeit ein zuvor bestimmter Kontakt Zugriff erhält. Wichtig ist, dass die Vertrauensperson weiß, wo sie diese Liste oder Zugänge im Ernstfall findet.
  • Konkrete Anweisungen geben: Legen Sie für jedes Konto fest, was damit geschehen soll. Zum Beispiel: Facebook-Profil in Gedenkzustand versetzen lassen, Instagram-Account löschen, E-Mail-Konto XY an Familie übergeben, Cloud-Speicher archivieren, Streaming-Abo kündigen. Solche digitale Nachlassverfügungen helfen den Hinterbliebenen enorm und stellen sicher, dass Ihr Wille respektiert wird. Schreiben Sie diese Wünsche in die Liste oder ins Testament. Ohne klare Ansage müssen Erben sonst im Dunkeln raten, was Sie gewollt hätten.

Mit diesen Schritten schaffen Sie für den Ernstfall Vorsorge. Einige Dienste bieten auch eigene Funktionen zur Nachlassregelung an – wir erwähnten Googles Kontoinaktivitäts-Manager oder Facebooks Nachlasskontakt bereits. Nutzen Sie solche Tools zur Selbstbestimmung, wo sie vorhanden sind. Und ganz wichtig: Kümmern Sie sich frühzeitig darum. Niemand weiß, was morgen ist. Je eher Sie vorsorgen, desto geringer ist die Gefahr, dass Ihre Angehörigen im Zweifel keinen Zugriff auf wichtige digitale Dokumente haben oder ungewollt in Ihre Privatsphäre blicken.

Warum digitale Vorsorge so wichtig ist

Doch warum all die Mühe? Zum einen, um emotionale Belastungen für die Hinterbliebenen zu reduzieren. Ein unkontrolliert weiterlaufendes Facebook-Profil kann Freunde verstören; unbezahlte Online-Abos oder ein aktiver WhatsApp-Account des Verstorbenen können bei Angehörigen jeden Tag schmerzhaft aufs Neue für Irritation sorgen. Ohne geregelte Nachfolge können erhebliche Probleme entstehen: Online-Konten bleiben aktiv, Abonnements laufen weiter, wertvolle digitale Erinnerungen gehen verloren – oder aber intime Daten geraten in falsche Hände. So warnt der Digitalverband Bitkom: Wer keine Vorkehrung trifft, dessen komplette digitale Hinterlassenschaften fallen den Erben zu und liegen damit offen vor ihnen. Vielleicht möchte man gar nicht, dass die Familie jedes private Chatprotokoll lesen kann oder peinliche alte E-Mails entdeckt. Frühzeitig klare Regeln zu treffen, entlastet Angehörige und schützt die eigene Privatsphäre über den Tod hinaus.

Zum anderen spielen rechtliche und organisatorische Gründe eine Rolle. Angehörige sind verpflichtet, sich um den Nachlass zu kümmern – dazu gehören heute auch digitale Verträge. Erben müssen z.B. kostenpflichtige Dienste kündigen, damit nicht weiter Geld abgebucht wird. Ohne Liste aller Konten ist das schwierig, und vergessene Verträge können Kosten verursachen. Auch die Datenhoheit ist ein Thema: Fotos, die nur online gespeichert sind, könnten für immer verloren sein, wenn keiner Zugriff auf den Cloud-Account hat. Umgekehrt möchte man vielleicht verhindern, dass sensible Informationen nach dem Tod an die Öffentlichkeit gelangen oder im Netz verbleiben.

Nicht zuletzt ist digitale Vorsorge auch ein Akt der Rücksichtnahme. Man erspart seinen Liebsten detektivische Arbeit und mögliche Streitigkeiten. Immerhin wünschen sich laut Bitkom 40 % der Internetnutzer, dass ihre Social-Media-Profile nach ihrem Tod bestehen bleiben – etwa als Gedenkseite. Andere bevorzugen hingegen ein vollständiges „digitales Vergessenwerden“. Beide Wünsche lassen sich nur erfüllen, wenn sie klar dokumentiert sind. Andernfalls müssen Hinterbliebene raten oder kämpfen.

Unser digitales Ich mag virtuell sein, doch nach dem Tod werden seine Auswirkungen sehr real. Indem wir unseren digitalen Nachlass regeln, bewahren wir die Kontrolle über unsere Geschichten, schützen unsere Privatsphäre und entlasten diejenigen, die uns nahestehen. Es kostet etwas Zeit und Überlegung – doch es ist ein Liebesdienst an den eigenen Erinnerungen und an den Menschen, die nach uns kommen. Denn eines ist sicher: Das Internet vergisst nicht, solange wir ihm nicht dabei helfen

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