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© Nordkirche.de - Stefanie Lux
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AfD distanziert sich Drohbrief an schwulen Propst in Itzehoe

tb - 13.02.2025 - 15:28 Uhr

„Denken Sie immer daran, wir wissen, wo Sie wohnen und kennen Ihren Partner.“ Mit diesen Worten wurde der offen homosexuelle Propst Steffen Paar kürzlich in einem anonymen Brief attackiert. Das Schreiben enthielt u.a. das Logo der AfD sowie das Bild einer Waffe – eine klare Botschaft der Einschüchterung. Der Fall löst bundesweit Empörung aus und wirft drängende Fragen über die zunehmende Radikalisierung in der politischen und gesellschaftlichen Debatte auf.

 

Eine gezielte Drohung – oder doch mehr?

Der Absender des Drohbriefes bezeichnet sich selbst als „Sturmfront Schleswig-Holstein – Patriotischer Untergrund der AfD und Bauernschaft“. Die Wortwahl erinnert an rechtsextreme Gruppierungen und soll offenbar bewusst Angst schüren. Neben Steffen Paars sexueller Orientierung richtet sich das Schreiben auch gegen seine Haltung zu Migration und Klimaschutz – Themen, zu denen der Theologe regelmäßig Stellung bezieht. „Ich habe keine Angst“, schrieb Paar nach Bekanntwerden der Drohung auf Instagram. „Mein Mann und ich sind achtsam. Angst haben wir keine.“ Mit diesen klaren Worten macht der Geistliche deutlich, dass er sich nicht einschüchtern lassen will. Dennoch informierte er umgehend die Polizei und den Verfassungsschutz über den Vorfall.

 

Nordkirche zeigt sich solidarisch

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) stellte sich geschlossen hinter ihren Propst. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt verurteilte die Drohungen scharf und erklärte: „Die Nordkirche steht fest an der Seite unseres Propstes Steffen Paar und seines Ehemannes. Hass und Hetze dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“ Diese Unterstützung ist ein wichtiges Zeichen gegen Diskriminierung und für eine offene, tolerante Kirche. Gleichzeitig zeigt sie, dass die Debatte um LGBTIQ+-Rechte und gesellschaftliche Vielfalt auch in kirchlichen Kreisen längst angekommen ist.

 

AfD distanziert sich – bleibt aber im Fokus

Brisant ist das AfD-Logo auf dem Brief. Die Partei weist jedoch jegliche Verantwortung von sich. Julian Flak, stellvertretender Landesvorsitzender der AfD in Schleswig-Holstein, erklärte, dass die Partei nichts mit dem Drohbrief zu tun habe. Er vermutet, dass Unbekannte das Logo gezielt verwendet haben, um der AfD zu schaden – möglicherweise im Vorfeld anstehender Wahlen. Doch selbst wenn die Partei nicht hinter der Drohung steckt, zeigt der Vorfall ein größeres Problem: Die zunehmende Verrohung der politischen Sprache. Die AfD hat in der Vergangenheit immer wieder mit harten Worten gegen Minderheiten und politische Gegner polarisiert. Kritiker argumentieren, dass diese Rhetorik ein Klima schafft, in dem Hass und Gewaltbereitschaft wachsen können.

 

Ein besorgniserregender Trend

Der Fall von Propst Paar ist kein Einzelfall. Homophobe Drohungen und Angriffe sind in Deutschland nach wie vor weit verbreitet. Die Zahl der Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen nimmt seit Jahren zu. Laut dem Bundeskriminalamt wurden allein 2022 über 1.000 Straftaten im Zusammenhang mit sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität erfasst – und die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Besonders bedenklich ist, dass sich der Hass zunehmend auch gegen Personen richtet, die sich für Vielfalt und Toleranz einsetzen. Kirchenvertreter, Politiker und Aktivisten sind immer häufiger Ziel von Bedrohungen. Diese Entwicklung zeigt, dass der gesellschaftliche Diskurs zunehmend von Polarisierung und Extremismus geprägt ist.

 

Was bedeutet das für die Gesellschaft?

Die Drohung gegen Propst Paar wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie wehrhaft ist unsere Gesellschaft gegenüber Hass und Hetze? Experten warnen, dass sich Deutschland in einer gefährlichen Phase der gesellschaftlichen Spaltung befindet. Die Verbreitung von Desinformation, gezielter Hetze und extremistischen Narrativen im Netz verstärkt diesen Trend. Gleichzeitig gibt es eine starke Gegenbewegung: Menschen wie Steffen Paar, die sich nicht einschüchtern lassen und offen für ein friedliches Miteinander eintreten. Ihre Haltung ist ein wichtiges Signal – denn Einschüchterung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Betroffenen schweigen.

 

Polizei und Verfassungsschutz haben die Ermittlungen aufgenommen.

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